Seite:Geschichte des Marktfleckens Grönenbach S096.jpg

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Fragen der Ausübung des Calvinischen Exerzitiums im allgemeinen und um die Rechtsfrage der Erlaubtheit, ein neues reformiertes Predigthaus zu erbauen, so verflachte sich in der Folgezeit der religiöse Streit vom Jahre 1670 ab in einzelne Detailfragen: Sepulturstreit und Katechismenstreitigkeiten. Interessanten Aufschluß darüber gibt uns eine von der reformierten Gemeinde Grönenbach am 26. Mai 1688 an die protestantischen Churfürsten und Stände gerichtete Bittschrift, in welcher die gravamina religionis aufgeführt sind. Schon im Jahre 1687 hatten die Reformierten hier mitsamt den Reichserbmarschallen von Pappenheim beim Regensburger Reichstag Klage gestellt gegen die Eingriffe und verübten Attentate seitens des Kollegiatstiftsdekanes Johann Ulrich Moll; das Korpus der evangelischen Stände beim Reichstage hatte sich infolgedessen an den Augsburger Bischof beschwerdeführend gewendet – Abhilfe aber sei nicht erfolgt, darum Erneuerung der Klagelibell vom Jahre 1688:

„Erwenter Dechant zu Grönenbach verabsaum kein stund, sein unbefuegt landt- und Religionsfried bedrohende Attenta und Turbationes gegen die Reformirten animosé zu continuiren, indem er nit allein den Schuelmeister zu Grönenbach an dem wohlhergebrachten Leichenabdankung auff dem Kirchhof zue Zell beständig auch mit starker betrohung, daß er in Eisen und Banden geschlagen und nach dem Stüfft Kempten gefänglich geführt werden sollte, wann Er, Schuelmeister, sich understehen sollte, den Kirchhoff zu gedachtem Zell bei Grönenbach zu betreten, wie nit weniger uns Reformirte an der Begräbnuß unserer ungetauften Kinder unter die getaufften Gestorbenen etiam vi publica, massen vor einiger Zeit auf seine Veranlassung geschehen, verhindert, sondern auch, welches das größte und beleidentlichste gravamen ist, in der von Ihme nur Erst bei Eintreibung 2 Jahre hero in dem Fugger’schen Schlößlein zu Hezlinshofen, ohne die dazu habendte geringste Befuegnis aus aigenem Capricio und unzeitigem Eiffer eingeführte Schuel- und Catechisation ie länger ie mehr ganz trotzig fortföhrt und nunmehr sowohl die Kinder als alte Leuth bei arbitrarischer Kirchenstraff hineinzugehen und zu frequentiren zwinge ungeachtet dieses eine offenbare Contravention wider den Religionsfrieden und Instrumentum pacis ist, indem allhie landtkündig auch selbst mit allen Katholiken erwiesen werden kann, daß in den Gemeinden Teinselberg und Herbishofen, in welcher Pfarr gedachtes Schlößlein Hezlinshofen liegt, von weit mehr dann 100 Jaren und seit der Reformation die Katholiken nicht ein Tag weder Schuel oder Catechisation noch anderes religionis exercitium, wie das man haben mag publice vel privatim gehabt oder nur prätendirt; Ja Er, Dechant, dieses seine Conduite und Verfahren damit justificiren will, wie Er ohne Scheue und deutlich sich schon öffters hat vernemmen lassen, daß Er zu allen dergleichen Eingriffen und Neuerungen von hoher Handt (wohl seitens der Grafen Fugger) authorisirt sei und Ihme auch Schutz leisten und allerorthen schon vertretten werde – alß ist „die arme bedrängte, verfolgte“ Evangelische Gemaindt in dieser Notlage, sich wieder