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Seite:Gespräche in den Sälen der Gemälde-Ausstellung zu Dresden (1804).djvu/5

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M. Allerdings, aber nur Kleider, Tücher, u. s. w. meinen Putz, nicht um Künstlerin, sondern nur die Putzmacherin zu ersparen.

F. Nun so betrachten Sie hier diese 8 Miniatur-Gemälde: Portraits bekannter Personen in Dresden, von Auvray, Kühn und Kästner, meist ähnlich, aber ohne viel höheren Anspruch machen zu können.

M. Es sind liebliche Votiv-Täfelchen, die Geliebte sich einander schenken; als solche immer reizend.

F. Nur leuchtet die Mühe aus den meisten zu sehr hervor. –

M. Diese Kupfer antiker Statüen und Altäre, rein und kräftig gestochen, gehören, der Form nach, wohl zu einem größern Werke.

F. Ganz richtig; sie sind für des Professor Beckers Augusteum, der Darstellung der Schätze der Churfürstlichen Antiken-Sammlung, bestimmt, das Ihnen wahrscheinlich schon aus den Anzeigen darüber bekannt seyn wird, – von Matthäi und Schubert gezeichnet und von Krüger und Seiffert gestochen.

M. Sie versprechen viel für das Werk selbst. Wird es bald erscheinen?

F. Becker ist durch Subscribenten ziemlich gedeckt, und so wird es wohl ungehindert fortschreiten, aber leider galt auch hier das Sprichwort: ein Prophet in seinem Vaterland, u. s. w. denn in Dresden hat Becker verhältnißmäßig gerade die wenigsten Subscribenten und Unterstützer gefunden.

M. Man schätzt und liebt aber doch sonst in Dresden die bildende Künste so sehr.

F. Aber fast alle Künstler arbeiten fürs Ausland.

M. Vielleicht gerade, weil die Dresdner Sammlungen in dieser Hinsicht schon so schön und reich sind, daß man das Bedürfniß nicht empfindet, weil diese alles gewähren.

F. Lassen Sie uns hoffen, daß dies der Grund sey.

M. Rubens Söhne, nach Rubens von Fräul. Th. aus dem Winkel. Ein oft kopirtes Gemälde, aber in der That nicht übel kopirt.

F. Rechnen Sie besonders darauf, daß es eine Anfängerin in der Kunst ist, die erst seit sehr kurzer Zeit sich in Oel versucht hat. Von ihr ist auch noch ein Christus Kopf nach Annib. Caracci, ein Portrait nach der Natur, und eine heilige Familie nach Giulio Romano.

M. Alle gar nicht übel, nur etwas zu kalt, besonders das letztere. Eine fleißige Dilettantin!

F. Und dazu Meisterin auf der Harfe und dem Fortepiano. –

M. Der Dichter Aeschylus, von Moons aus Antwerpen. Recht brav. Es herrscht eine, sehr sprechende Ruhe auf diesem Bilde, die das Ahnungslose des Dichters treffend bezeichnet, und den Moment seines Todtes bebend voraussehen läßt.

F. Scheint es Ihnen aber nicht, als ob der Adler der die Schildkröte trägt, welche dem guten Aeschylus das Haupt zerschmettern soll, etwas zu sehr in der Entfernung flöge? Näher, senkrecht über seinem Haupte sollte er stehen, größer gezeichnet; dann wäre die Gefahr drohender, bedeutender das Bild, denn so muß man die Geschichte wissen, oder die Beschreibung lesen, um zu wissen, daß dieser Adler, der dort so weit entfernt mit der Schildkröte fliegt, gerade hieher näher fliegen, und über dem kahlen Schädel des Dichters seine Beute verlieren werde.

M. Sie können Recht haben; aber sollten diese drei übereinander aufgethürmten Massen nicht eine schlechte Gruppirung machen?

F. Nun so lassen sie uns den Maler entschuldigen. –

M. Sie führen mich so schnell an dieser Seite vorüber.

F. Damit sie das abscheuliche Gemälde, das unsre liebenswürdige Fürstin vorstellen soll, nicht sehen, und sich ärgern, wie man ein freundliches Angesicht so verzerren konnte.

M. Aufrichtig gestanden, sind doch die Fürsten schlimm daran.

F. Allerdings! Wie viel tausend Gemälde der schlechtesten Pfuscher müssen sie von sich zirkuliren lassen, auf ein Gutes gerechnet, das noch dazu vielleicht blos in den Sammlungen der Großen bleibt.

M. Mag eine Fürstin so wenig Eitelkeit haben, als sie will, sie muß doch wünschen, daß der entfernte Unterthan, der sie nie selbst sieht, seine Wohlthäterin auch im Gemälde liebgewinne; und da bringt vielleicht ein Zufall gerade den verfehltesten Abdruck ihrer Physiognomie in diese Provinz.

F. Da ist der Fürst besser daran: sein Bild steht gut geprägt auf seinen Münzen, auch dem Entferntesten erreichbar.

M. Man sollte auf Gemälde, wie auf Bücher, eine Censur legen; oft schaden, oder verzerren diese soviel wie jene.

F. Das wäre eine schöne Fessel für die freie Kunst. –

M. Die Kunst die diese Fessel fühlte, wäre eben dadurch schon nicht mehr freie Kunst; den wahren Künstler drückte sie nicht, nur dem Pfuscher, dem schamlosen Possenreißer, bände sie die Hände.

F. Strenge Richterin! –

M. Also wirklich auf der ganzen Seite nichts Ausgezeichnetes?

F. Nichts, als etwa vom Lieutenant v. Watzdorf ein das Felleisen fahrender Postillion, ein kleines Gemälde, das aber sehr viel treue Natur hat.

M. Dort sehe ich eine große Sepiazeichnung.

F. Der Zeichner C. D. Friedrich hat ihr im Catalog die Benennung „mein Begräbniß,“ gegeben.

M. Sie ist sehr brav. Mit inniger Schwermuth gedacht und ausgeführt. Der einfache Kirchhof, die verfallne Gothische Capelle im Hintergrund, der einzelne Sonnenstrahl, der darauf fällt, und in welchem die einsam dort nistenden Vögel auffliegen, der Regenbogen der sich dahinter wölbt, das Symbol des Friedens mit Gott, die Leidtragenden, die um das offne Grab herumstehen, alles so charakteristisch, so bezeichnend.

F. Es mag auch tief aus des Zeichners Herzen geflossen seyn. Wissen Sie die Anecdote, die man von ihm erzählt?

M. Nein.

F. Er hatte einen zärtlich geliebten jüngern Bruder. Einmal – so viel ich weiß, ist Friedrich ein Nordländer, – ging er auf einen gefrornen See, um Schlittschuh zu laufen. Der jüngere Bruder hat