Seite:Glueckel 122.jpg

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gehabt hat, wie ich schon geschrieben habe. Ich bin nicht so verständig gewesen, daß ich an den frommen König David gedacht hätte, wie er seinen ersten Sohn von der Bathseba krank gehabt hat. Während der Krankheit hat er seinen Kummer heftig gezeigt mit Fasten, Almosen und Gebet, aber Gott – er sei gelobt – hat das Kind zu sich genommen. Wie das Kind tot gewesen ist, sind des Königs Knechte still gewesen und haben es geheimgehalten, denn sie sagten, der König hat so heftigen Kummer gezeigt, als das Kind krank war und noch Hoffnung war, daß es am Leben bleiben möchte, was wird der König jetzunder tun, wenn er gewahr wird, daß das Kind tot ist und keine Hoffnung weiter, daß es am Leben bleibt? Also hat keiner etwas sagen wollen. Aber der fromme König David hat an ihrem Stillschweigen verstanden, daß das Kind tot ist. Also fragt er seine Knechte, ob das Kind tot ist. So hat ihm keiner geantwortet, also hat er wohl verstanden, daß sein lieb Kind tot ist.

Also ist er aufgestanden aus seiner Asche und ließ sich Wasser reichen und hat seinen Knechten befohlen, sie sollen ihm Essen und Trinken geben, und er hat auch gegessen und getrunken. Also hat solches seine Knechte gar sehr verwundert. Endlich hat sich einer das Herz genommen und hat gesagt: »Mein Herr König, da das Kind noch gelebt hat, hast du so heftigen Kummer gezeigt, nichts gegessen und nichts getrunken und bist Tag und Nacht in der Asche gesessen. Aber sobald du gehört hast, daß dein Sohn gestorben ist, hast du die Gerechtigkeit des Gerichtes anerkannt, wie es auch recht ist, und gesagt: ,Gelobt sei der wahre Richter. Gott hat es gegeben, Gott hat es genommen, der Name Gottes sei gelobt von nun an bis in Ewigkeit.' Und bist bald aufgestanden und hast dir lassen Essen und Trinken geben, als wenn das Kind noch lebte.«

So sagt der König zu ihnen: »Ich will euch, meine getreuen Diener, sagen, da das Kind noch krank gelegen ist und die Seele noch in sich gehabt hat, habe ich alles getan: geheult und geschrieen, Buße, Gebet und Almosen

Empfohlene Zitierweise:
Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_122.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)