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Wie man nun mit Braut und Bräutigam unter dem Trauhimmel gewesen ist, hatte man in dem großen Durcheinander vergessen, den Ehevertrag zu schreiben. Nun, was hat man tun sollen? Alle Vornehmen mit dem jungen Prinzen sind dagestanden und wollten zusehen. Also hat der Vorsitzende des Rabbinerkollegiums Reb Meir gesagt, der Bräutigam sollte einen Bürgen stellen und sich verpflichten, daß er gleich nach der Hochzeit seiner Braut wolle einen Ehevertrag schreiben lassen, und der Vorsitzende des Rabbinerkollegiums hat den Ehevertrag aus einem Buch gelesen. Also ist die Trauung geschehen.

Nach der Trauung hat man alle Vornehmen in Reb Elias, des Bräutigams Vaters, großes Prunkgemach geführt, welches ist mit goldenem Leder ausgeschlagen gewesen. Drinnen ist ein großer Tisch gestanden, worauf lauter königliche Leckerbissen gewesen sind. Also hat man die Vornehmen nach ihrem Rang traktiert. Mein Sohn Reb Mordechai ist ein Kind von ungefähr fünf Jahren gewesen; es ist kein schöneres Kind in der ganzen Welt zu ersehen gewesen. Und wir haben ihn gar schön und sauber gekleidet. Alle die Vornehmen haben ihn schier aufgefressen. Besonders der Prinz, Gott erhöhe seinen Ruhm, hat ihn stets bei der Hand gehalten.

Wie nun die Vornehmen von den Konfekten und Früchten gegessen und auch wohl von den Weinen getrunken hatten, hat man den Tisch abdecken lassen und hinaus getan. Dann sind einige verkleidet hineingekommen und haben sich präsentiert und gar schön allerhand Possen gemacht, die zu einer Ergötzlichkeit gedient haben.

Zuletzt haben die Verkleideten einen Totentanz gemacht, der sehr schön gewesen ist. Auf der Hochzeit sind auch viele vornehme Portugiesen gewesen, darunter einer, der hat Mocatta geheißen, der ist ein Juwelier gewesen, der hat gar ein schönes goldenes Uehrchen, mit Diamanten besetzt, gehabt. Es ist auf fünfhundert Reichstaler gekommen. Der Vater des Bräutigams, Reb Elia, hat das Uehrchen von dem Mocatta gefordert und wollte es dem Prinzen schenken.

Empfohlene Zitierweise:
Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_137.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)