Seite:Glueckel 172.jpg

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Freund, welcher ihm auch schreibt, daß er gehört hat, daß wir die Heirat tun wollten. Also sollten wir sie in Vorsicht nicht tun oder wir sollten den Jüngling erst sehen.

Mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – ist darüber sehr erschrocken und sagt zu mir: »Um Gottes willen, Glückelchen, du mußt auch davon wissen, denn ich habe es an deinem Unmut gemerkt.« Also habe ich meinem Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – alle Briefe vorgewiesen, welche ich, bevor er nach Hause gekommen war, bekommen hatte.

Mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – war sehr erschrocken und hat sich gegrämt, denn man hat auf den Menschen gar zu viel geschrieben, alle Fehler der Welt hat man an ihm beschrieben. Wir haben uns keinen Rat zu geben gewußt. Die Heirat war verabredet. Also habe ich an die Mutter des Bräutigams, Jachet, geschrieben, es gedenkt mich noch, fast in den folgenden Worten: Ich hab ihr und allen freundlich Glück gewünscht und dann geschrieben, es wären uns von einigen Seiten Briefe zugekommen, welche uns schreiben, daß der Bräutigam viele Fehler hat, was wir als Lügen ansehen wollen. Wenn das so ist, dann bitten wir sehr, sie sollten den Bräutigam, wie Sitte, zum Verlobungsmahl zu seiner Braut schicken; wenn wir nun sehen, daß alle Verleumder und Lügner wären, wie wir nicht anders hoffen, dann werden wir den Bräutigam mit Lust und Freude und in aller Vergnüglichkeit empfangen und werden ihm Geschenke geben und es an aller Ehre nicht fehlen lassen. Sollte es aber – Gott behüte – sein, daß es ja Wahrheit wäre, so bitte ich, ihn nicht zu schicken, denn wir werden unser Kind nicht so scheußlich betrügen. Sollten sie aber gedenken, ihren Sohn doch zu schicken, weil wir ohnedies so nahe Freunde und verschwägert sind, und sollten glauben, daß wir auf die Fehler nicht achten werden und geschehen lassen, was schon geschehen ist – so sollten sie solches doch nicht tun. Was sollte man tun, wenn es – Gott behüte – ja wahr ist? Man müßte es von beiden Seiten verschmerzen und sie könnten alle Fehler

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_172.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)