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die Untreue von ihnen ablernen soll.« So spricht der Sohn: »Wie sollt ich nun so viele Menschen um eines wegen erschlagen?« So spricht der König: »Wenn ein Weiser unter tausend Narren gefangen wäre und es wäre kein Rat, wie man den Weisen unter den Narren entrinnen lassen kann, so riete ich, alle tausend Narren zu erschlagen, damit dem Weisen könnte geholfen werden. Also ist es besser, du erschlagst alle deine ungetreuen Diener, damit dein Kammerdiener, welcher ein halber Freund ist, ein ganzer werden könnte.«

Und er tat also und sein Kammerdiener war ihm ein ganzer Freund. Und es bekennt der Sohn des Königs daß keinem Freund zu trauen ist, es sei denn, er wäre erprobt.

Also, meine lieben Kinder, haben wir uns auch auf keine Freunde zu verlassen, als auf Gott – er sei gelobt – der soll uns beistehn und in unserer Hilfe sein. Und obschon ihr euren getreuen, frommen Vater verloren habt, so lebt doch euer himmlischer Vater immer und ewig, der euch nicht verlassen wird, wenn ihr ihm treulich dient und ihn anruft. Und wenn euch – Gott bewahre – einmal eine Strafe zukommen sollte, so ist keiner schuld daran, als ihr selbst, daß ihr solches mit euren Taten verdient habt. Nun, was soll ich mich aufhalten? Wir wollen wieder anfangen, wo ich aufgehört habe.

Ihr habt gesehen, wie euer lieber Vater gestorben ist in Heiligkeit und Reinheit.

Nun hab ich auch geschrieben, wie ich meine Bilanz gemacht hab. Ich bin dann zu meinem Schwager Reb Josef gegangen und hab ihn gebeten, er möcht doch mit mir in mein Haus gehn, denn ich hätte meine Bilanz gemacht und hätte im Sinne, eine Versteigerung zu machen. Also sollt er alle Sachen besehen, wie ich sie angesetzt habe, ob ich sie auch nicht zu billig oder zu teuer angesetzt habe.

Mein Schwager Reb Josef ist mit mir gegangen, ich hab ihm alles vorgewiesen, wie ich ein jedes Stück angesetzt habe. So hat er alles besehen und zu mir gesagt: »Ihr habt

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. , Wien 1910, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_198.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)