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Darauf hat man zehn beherzte Männer genommen und etliche Schiffer, von denen man gewußt, daß sie beherzt und getreu gewesen sind, und etliche Schutzleute dabei, und sind in Gottes Namen in das Haus des Mörders hineingegangen, welcher nicht weit von dem alten Schrangen bei dem Büttelshause gewohnt hat.

Inzwischen ist das Geschrei in die ganze Stadt gekommen. Es haben sich allerlei Werksleute, alle Canaille, eine Unmenge Leute versammelt und sind vor dem Mörder seine Türe gekommen, und alle haben wie einer erklärt: »Werden die Juden den Ermordeten da finden, ist es gut, wenn aber nicht, dann bleibt keine Klaue von den Juden übrig.«

Aber Gott – er sei gepriesen – hat uns nicht lange in unserer Not gelassen. Sobald unsere Leute in das Haus gekommen sind, haben sie den bestimmten Ort geöffnet und gefunden, wonach sie verlangt haben. Aber das Auge weinte und das Herz war froh. Sie haben geweint, daß sie den frommen jungen Mann von ungefähr vierundzwanzig Jahren so elendiglich gefunden, und haben sich doch wieder gefreut, daß die Gemeinde aus der Gefahr gewesen ist und daß man bald Sühne sehen werde.

Also hat man den ganzen Rat holen lassen und ihnen den Leichnam gezeigt und an welchem Ort man ihn nach der Aussage der Magd gefunden hatte. Solches hat der Rat auch protokolliert und Attestatum davon gegeben. Also hat man den Leichnam auf einen Wagen gelegt und nach Altona geführt. Es ist eine Menge Leute dabei gewesen von Schiffern, von Handwerksburschen, es ist nicht zu beschreiben, vielleicht hunderttausend Menschen – aber es hat doch keiner ein böses Wort geredet. Wenn es auch ein böses Volk ist und man in ruhiger Zeit viel Not und Bosheit von ihnen hat, so ist doch zu dieser Zeit alles still gewesen und jeder ist wieder an seinen Ort gegangen. Den anderen Tag danach haben die reichen Vorsteher das Attestatum genommen und es dem Präsidenten nach Altona gebracht, welcher den Leichnam und die Gerichtsbarkeit in Händen gehabt hat, zudem die Juden damals lieber gehabt haben, es sollte in

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_228.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)