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Witwe gewesen und habe niemals im Sinn gehabt, wieder einen Mann zu nehmen, wiewohl es verbreitet und bekannt war, daß ich die größten und vornehmsten Heiraten in ganz Deutschland hätte bekommen können. Ich habe mich aber niemals dazu resolvieren wollen. Nichtsdestoweniger, weil er mir so sehr zuratet, und wenn mir meine Tochter Esther auch dazu ratet, bin ich resolviert dazu. Also hat mir meine Tochter Esther, sie lebe, auch geschrieben, so viel sie nebbich gewußt und vor sich gesehen hat. Wegen der Summe der Mitgift haben wir nicht viel Verhandlungen gehabt. Ich habe meinem Mann wirklich alles gegeben, was ich gehabt habe. Denn mein Mann hat mir verschrieben, daß, wenn ich erst sterbe, dann kriegen meine Erben mein Geld wieder, und wenn mein Mann erst stirbt, krieg ich fünfhundert Reichstaler mehr als meine Mitgift ist. Ich habe ihm fünfzehnhundert Reichstaler gegeben.

Meine Tochter Mirjam ist ein Kind von elf Jahren gewesen. Da hat mein Mann sich verschrieben, bis zu ihrer Hochzeit sie umsonst bei sich zu behalten. Und wenn ich noch mehr Geld gehabt hätte, hätte ich es ihm auch gegeben, denn ich hab mir gedacht, ich könnte mein Geld an keinem Ort versicherter und besser haben, als bei dem Mann. Zudem tu ich meiner Tochter Mirjam, der Waise, wohl, denn sie braucht nichts zu verzehren und ihr Geld geht auf Zinsen. Denn der Mann hat einen großen Ruf im Geschäft, wer weiß, was ich meinen Kindern in dem Geschäft bringen kann.

Aber »viele Gedanken sind im Herzen des Menschen» u. s. w. »Der im Himmel sitzt, lacht!« Gott – sein Name sei gelobt – hat leider über all meine Gedanken und Anschläge gelacht und bei dem Höchsten war meine Not und mein Verderben schon längstens beschlossen, um mich für meine Sünden ein wenig zu bestrafen, dafür, daß ich mich auf Menschen verlassen habe. Denn ich hätte es mir nicht in den Sinn kommen lassen sollen, wieder einen anderen Mann zu nehmen. Denn ich hätte doch keinen Reb Chajim Hameln wieder bekommen können, und hätte bei meinen

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_261.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)