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Gottfried Keller: Zwei autobiographische Schriften. In: Nachgelassene Schriften und Dichtungen, S. 1 - 22

Selbstbiographie.*)[1]
(1889)

     Gottfried Keller ist geboren am 19. Juli 1819 in Zürich als Sohn des Drechslermeisters Rudolf Keller von Glattfelden, der 1817 nach der genannten Stadt gezogen war, aber schon im Jahre 1824 im Alter von dreiunddreißig Jahren starb, und seine Wittwe Elisabeth, geb. Scheuchzer von Zürich, mit zwei Kindern, dem fünfjährigen Knaben und einem dreijährigen Töchterchen hinterließ. Letzteres, nachdem es seit dem Tode der Mutter ein Vierteljahrhundert allein mit dem Bruder zusammengelebt, ist im Herbst 1888 sechsundsechszigjährig gestorben.

     Den Knaben wußte die Mutter bis zum Beginn des sechszehnten Jahres durch die Schulen zu bringen und ihm dann die Berufswahl nach seinen unerfahrenen Wünschen zu gewähren. Im Herbst 1814 kam er zu einem sogen. Kunstmaler in die Lehre, erhielt später den Unterricht eines wirklichen Künstlers, der aber, von allerlei Unstern verfolgt, auch geistig gestört war und Zürich verlassen mußte. So erreichte Gottfried sein zwanzigstes Jahr, nicht ohne Unterbrechung des Malerwesens durch anhaltendes Bücherlesen


  1. *) Chronik der Kirchgemeinde Neumünster. Herausgegeben von der Gemeinnützigen Gesellschaft von Neumünster 1889. S. 430 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Gottfried Keller: Zwei autobiographische Schriften. In: Nachgelassene Schriften und Dichtungen, S. 1 - 22. Wilhelm Hertz, Berlin 1893, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gottfried_keller_autobiogr_01.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)