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daß er sich entschloß, das Opfer seiner Lust nach dem Kloster zurück zu schicken.

Doch, welche schreckliche Post brachte ihm sein Diener von da her. Die Nonne war seine Schwester gewesen. Hermann wußte zwar von seinem Vater, daß er eine Schwester habe, daß sie sich der Kirche geweiht; aber wo sie lebe, das hatte ihm dieser nie sagen wollen. Diese Nachricht war daher ein Donnerwort für den im Laster versunkenen Jüngling, ein Schwert, das ihm die Seele durchbohrte. Er weinte und klagte acht Tage lang, zechte nicht und hatte keine Gelage, ging in die Kirche und betete, spendete reichliche Gaben an das Kloster, schenkte ihm einige Dörfer, zum Heil seiner Seele, und als er nun glaubte, daß er hinreichende Buße gethan habe und der Himmel nun wohl beruhigt seyn könne, fuhr er in der alten Lebensweise wieder fort. Er fröhnte allen gewohnten Leidenschaften auf das ausschweifendste,

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Friedrich Gottschalck: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Hemmerde und Schwetschke, Halle 1814, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gottschalck_Sagen_und_Volksmaehrchen_der_Deutschen.pdf/134&oldid=- (Version vom 1.8.2018)