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dich noch einmal rächen, Gretter! Ohne sie möchtest du vielleicht ungerochen bleiben.“

Diese Prophezeihung Thorsteins sollte in der That in Erfüllung gehen.

„Wer kennt seine Zukunft?“ stieß Gretter mit einem Seufzer hervor.

Nach diesem Morgengespräch standen die Brüder auf.

Der Frühling zog nun jubelnd in das Land, bald folgte ihm der Sommer. Für Gretter war er das Zeichen, daß seine Gnadenfrist in Norwegen abgelaufen sei.

Die Brüder nahmen herzlichen Abschied von einander. Sie sollten sich in ihrem Leben niemals wiedersehen.

Gretter ging zur Küste, fand einen Platz auf einem Islandfahrer und schiffte heimwärts. Als es Herbst war, setzte er seinen Fuß an die heimischen Gestade.

Inzwischen hatten sich in Island Dinge zugetragen, die seine Person stark betrafen, und für ihn von den allerschlimmsten Folgen waren.

Bereits im Anfang des Sommers, also noch vor Zusammentritt des Althings, war ein Schiff, von Norwegen kommend, in Gaaser auf Island eingelaufen und hatte eine doppelte Nachricht mitgebracht, erstens die Trauerkunde von der Einäscherung der beiden Söhne des Thorer in jener Nacht am Sunde, und sodann die erfundene Beschuldigung gegen Gretter, daß er der Anstifter jenes Brandes gewesen sei. Man kann sich den Schmerz und die Erbitterung des Vaters vorstellen, der seine blühenden Söhne, mit so viel Hoffnung in die Welt hinausgesandt, bereits mit Ehren aufgenommen sich dachte unter König Olafs Hofgesinde.

Und nun diese Kunde: „Beide Söhne tot; dazu auf so erbärmliche Weise gestorben!“ –

Selbstverständlich füllte sich des Mannes Brust mit Zorn und Rachegedanken gegen den vermeintlichen Urheber dieser Übelthat.

Der Althing stand im Begriff sich zu versammeln.

Thorer ritt mit großem Gefolge dorthin, erhob Anklage wider Gretter und stellte bei dem Thing den Antrag, daß Gretter ob dieser Missethat über ganz Island hin geächtet werden sollte.

Skapte, der Gesetzessprecher, wollte in die Verhandlung dieser Klage nicht eintreten, und begründete seine Weigerung mit folgenden Worten:

„Wahrlich, eine große Missethat wäre es von Gretter, wenn es sich wirklich so verhielte, wie das Gerücht besagt. Aber man kennt doch nur die halbe Wahrheit, wenn man nur eine Partei gehört hat. Denn

Empfohlene Zitierweise:
Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/125&oldid=- (Version vom 1.8.2018)