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gut gezielt. Unter dem Bündel hervor kam ein kreischender Laut. Der Steinwurf hatte der Hexe den rechten Schenkel zerbrochen.

Thorbjoern kommandiert: „Riemen bei!“ und in eiliger Flucht zog sich das Schiff aus dem Bereich der Insel zurück.

„Das hättest du nicht thun sollen, Gretter,“ sagte Illuge.

„Tadle mich nicht!“ erwiderte dieser. „Ich wünschte nur, dieser Wurf hätte mehr gewirkt! Das Leben dieser Hexe für das unsrige! Ist das zu viel verlangt?!“ –

„Wie meinst du das?“ fragte Illuge, und sah den Bruder erstaunt an. „Dieses alte, welke Weib wird uns Beide doch nicht töten können?!“ –

Auf dem Rückwege beugte sich Thorbjoern über seine Amme und sagte:

„Du siehst nun, Pflegemutter, daß meine Ahnung richtig war. Diese Fahrt hat uns wenig Ehre eingebracht. Du bist gequetscht, und ich habe nichts als Hohn und Schimpf geerntet.“

Das Weib erwiderte: „Halt hoch den Kopf, Oengul! Von dem heutigen Tage an geht es mit dem Gretter bergab. Mein krankes Bein, das zahl ich ihm doppelt zurück, falls ich am Leben bleibe. Verlaß dich darauf!“ –

„Du hast immer guten Mut, Pflegemutter,“ schloß Thorbjoern.

Sie kamen nach Hause. Thurid wurde aus dem Schiff gehoben, und mit aller Sorgfalt in ihr Haus gebracht. Hier lag sie einen ganzen Monat fest im Bette, ehe sie wieder aufstehen, auf das kranke Bein treten, und in der Stube humpelnd auf- und abgehen konnte.

Man spottete am Fjord über diese neue Niederlage des Thorbjoern, der in seiner Verlegenheit selbst mit einem alten Weibe sich verbunden hatte.

„Gretter schneidet doch immer gut ab,“ sagten die Leute. „Im Frühjahr auf dem Thing, als wider Willen alle ihm Frieden und Sicherheit verbürgten; dann im Sommer, als Haering ums Leben kam; und nun im Herbst, wo dem alten Weibe das Bein zerbrochen wurde! Immer ist Gretter obenauf! Und Thorbjoern? – Was hat Thorbjoern denn bisher gethan? – Nichts! – Nicht ein Haar hat er dem Gretter gekrümmt!“ – So sprachen die Leute am Fjord.

Thorbjoern verdroß solche Rede gewaltig.

Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/253&oldid=- (Version vom 1.8.2018)