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Er ging nach Sledaas hinauf längs des Felsens Armannsfelt.

Da trat ihm ein Mann aus dem Walde entgegen, der führte auf einem Pferde Reisigbündel. Er war von riesenhaftem Wuchs, hatte große, blaue, hervorquellende Augen, und sein Haar war von wolfsgrauer Farbe. Sein Anblick erweckte Grauen.

Thorhall prallte zurück, als er ihn sah, hatte aber gleich den Gedanken: „Das ist der mir von Skapte empfohlene Schafhirte!“

Auf seine Frage: „Wer bist du?“ antwortete der Fremde: „Ich heiße Glam!“ – „Und deine Beschäftigung?“ fragte Thorhall. „Ich bin Schafhirte!“ – „Willst du in meinen Dienst treten?“ fragte Thorhall. „Skapte hat dich mir abgetreten!“ – „Abgetreten?“ bemerkte erstaunt und rauh der Fremde. „Mein Dienst ist ein freier und wird dir nur unter der Bedingung nützlich sein, daß ich aus freiem Antriebe zu dir komme. Übrigens bin ich sehr kurz angebunden, wenn es nicht alles nach meinem Willen geht!“ –

„Auf dergleichen lege ich kein Gewicht,“ sagte Thorhall einlenkend. „Tritt den Dienst nur bei mir an!“ –

„Das soll geschehen,“ sagte Glam. „Aber ist bei dir auf dem Hofe auch alles richtig?“ –

Thorhall erzählte nun offen, daß es bei ihm spuke.

„Vor leeren Gespenstern fürchte ich mich nicht,“ sagte Glam. „Im Gegenteil, das lockt mich, in deinen Dienst zu kommen!“ –

„Du wirst Mut und Kraft nötig haben, um Stand zu halten,“ sagte Thorhall.

„Ich komme,“ sagte Glam kurz. „Doch wann erwartest du mich?“ –

„Zu Anfang des Winters,“ sagte Thorhall.

„Abgemacht!“ –

So schieden sie.

Thorhall fand seine beiden Falben und ritt nach Hause, nachdem er Skapte für seinen guten Rat noch einmal gedankt hatte.

Der Sommer war nun vorüber, und Nordwinde, welche kalt durch die Thäler strichen, meldeten den Winter an.

Zur bestimmten Zeit stellte sich Glam auf Thorhalsstaetten ein und übernahm seinen Dienst. Er versah ihn ohne Mühe. Seiner groben Stimme folgten die Schafe und vor seiner Stärke schienen sich alle Gespenster zu verstecken. Aber niemand auf dem Hofe mochte den Glam leiden und am wenigsten die Hausfrau.

Empfohlene Zitierweise:
Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/89&oldid=- (Version vom 1.8.2018)