Seite:Grimms Märchen Anmerkungen (Bolte Polivka) I 212.jpg

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Flucht; und Hündchen und Kätzchen, die sie dabei begleitet haben, verwandeln sich in einen Prinzen und dessen Schwester. Ein einzelnes Motiv daraus erscheint bei F. v. Arnim S. 19 nr. 3 ‘Vom Hühnchen, Hähnchen, Hundchen und Kätzchen’: dem guten Mädchen raten die Haustiere nachts, als es pocht, die Tür zu öffnen, und es fliegt ein Sack Geld herein; das böse wird bei gleicher Gelegenheit vom grauen Männlein getötet. Dieselben Tiere raten in der anhaltischen Erzählung vom Beenelangmann Beenelangbart (Firmenich 2, 224) dem von der Stiefmutter verstoßenen Mädchen, die Tür des Waldhauses zu öffnen und mit dem Zwerge zu essen[1]; als sie morgens erwacht, liegt sie daheim auf ihrem Strohsack, aber das Stroh hat sich in Gold verwandelt. Ein nordfriesisches Märchen aus Amrum von Klein Ehlke und Groß Ehlke (Firmenich 3, 454. Halbertsma-Clement, Lappenkorb 1846 S. 317) erzählt den Sturz in den Brunnen, die Bitte des Apfelbaums, der Kuh und des Backofens und die Flucht aus dem Hause der Hexe, der Klein Ehlke Geld aus der verbotenen Kammer gestohlen hat; Baum, Kuh und Backofen verraten die Fliehende nicht. Unvollständiger ist die zweite Amrumer Fassung bei Müllenhoff S. 497 nr. 51 ‘Der Wunderbrunnen’, wo auch eine ähnliche Version aus Femern erwähnt wird. Ein verbotenes Zimmer betritt die Heldin auch im siebenbürgischen Märchen bei Haltrich ⁴ nr. 35 ‘Die beiden Mädchen und die Hexe’ und wird dadurch ganz goldig; auf der Flucht erweisen sich ihr der Backofen, Hund und Apfelbaum dankbar. Im schlesischen bei Peter 2, 204 ‘Der Wolf mit der goldenen Kette’ erscheint an Stelle der Hexe ein Wolf, der sich vom Mädchen lausen läßt, aber es fehlt das Gegenstück der unfreundlichen Schwester. – In einer anderen schlesischen Erzählung bei Peter 2, 167 ‘Tones und Hans’ sind es zwei Brüder, ein unguter und ein mildherziger, die auf ihrer Wanderung einzeln ins Haus des Windes geraten und dort gefragt werden, ob sie durchs Goldtor oder durchs Pechtor gehen wollen. Eine gute Schwester und ein böser Bruder erhalten von einem Bettler oder einer himmlischen Frau zwei Schachteln, aus denen daheim Engel und Teufel oder Schlangen hervorkommen, bei Zingerle 1, 1 ‘Schwesterchen und Brüderchen’ und 2, 39 ‘Die zwei Schächtelchen’, bei Kuhn-Schwartz


  1. Auch in unsrer nr. 169 ‘Das Waldhaus’ wünschen die Tiere dem beim Alten eingekehrten freundlichen Mädchen eine gute Nacht.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_212.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)