Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I
Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung Theodor Weicher, Leipzig. | Hel. u. umpr. Meisenbach Riffarth & Co. Berlin. |
Katharina Dorothea Viehmann geb. Pierson, die Märchenfrau von Niederzwehren 1755 + 1815. |
c = deutsches z, tz
ć = tj in serbokroatischen Worten, weiches c zwischen z und tsch im Polnischen
č, cz = tsch
ě = je
ę = e͡n
i vor Vokal bezeichnet die mouillierte Aussprache des vorhergehenden Konsonanten
lj = italienisches gl
ń, ň = italienisches gn
ř, rz = rsch
s = deutsches scharfes ss
ś = weiches s zwischen ss und sch
š, polnisches sz = deutsches sch
z = französisches z, deutsches s
ź = weiches z zwischen z und ž
ž = französisches j.
Die Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm erschienen zuerst 1812 und 1815 in einem Anhange zu den beiden Bänden der ersten Ausgabe, dann 1822 in einem besonderen Bande und in dritter Auflage 1856. Da sie sich von Anfang an durch ihre Reichhaltigkeit und Zuverlässigkeit als ein höchst wertvolles Hilfsmittel der Märchenforschung und der vergleichenden Stoffgeschichte erwiesen hatten, ward öfter das Verlangen nach einer Neubearbeitung des Werkes laut, und schon vor vierzehn Jahren übergab mir Professor Herman Grimm zu diesem Zwecke die Handexemplare seines Vaters und seines Oheims.
Die Aufgabe bot freilich manche Schwierigkeit. Zwar ließen sich ohne Mühe Notizen über die Gewährsmänner und die Zeit der einzelnen Aufzeichnungen in den Text einschalten und auch aus den früheren Ausgaben der Märchen die später von den Brüdern Grimm unterdrückten oder nur auszugsweise wiedergegebenen Erzählungen (wie z. B. der Blaubart, der gestiefelte Kater, Pervonto) heranziehen; sobald es aber an die Einreihung der gewaltigen Menge neuer Märchenaufzeichnungen aus allen Ländern der bewohnten Erde ging, zeigte es sich, daß der Bearbeiter in der Anordnung sowie in der Bewertung der einzelnen Märchenmotive öfter eigene Wege einzuschlagen hatte, wenn er auch, wo es nur irgend anging, den Wortlaut der dritten Auflage beizubehalten suchte. Sollte der Umfang des Werkes nicht über Gebühr anschwellen, so war es geboten, die Inhaltsangaben der zahlreichen Varianten ganz knapp zu halten und ohne Rücksicht auf mythologische Deutungsversuche [VI] lediglich einen Überblick über die geographische Ausbreitung der einzelnen Stoffe und ihre Spuren in früheren Jahrhunderten zu geben.
Für die reiche, in Deutschland nur wenig bekannte Volksliteratur der slawischen Stämme hatte ich das Glück, in Herrn Professor Dr. Georg Polívka in Prag einen gleichen Zielen zustrebenden und sachkundigen Mitarbeiter zu gewinnen, der auch südost- und osteuropäische, kaukasische und zentral-asiatische Volksüberlieferungen, soweit sie in slawischen Übersetzungen veröffentlicht wurden, heranzog und zugleich die übrigen Partien einer sorgsamen Durchsicht und Ergänzung unterwarf.
Die Übersicht über die benutzte Märchenliteratur, die mancher Leser zunächst vermissen wird, soll im letzten Bande nebst einem Motivregister und einem systematischen Verzeichnis der Märchenstoffe folgen; dort wird auch in Kürze dargelegt werden, wie das unvergängliche Jugendwerk der Brüder Grimm zustande kam und auf Genießende und Forschende wirkte.
Das diesem Bande voraufgestellte Bildnis der Niederzwehrener Märchenerzählerin ist nach Ludwig Grimms Radierung vom 30. August 1814 hergestellt; leider zeigt es infolge der Verkleinerung nicht genügend, daß diese erste Fassung dem etwas veränderten Bilde, das 1819 dem zweiten Bande der zweiten Auflage beigegeben wurde, an Zartheit und Frische überlegen ist.
Berlin, im November 1912.
- ↑ Besonders bezeichnet sind die nur in der ersten Auflage der Kinder- und Hausmärchen (1812) stehenden und die erst in der zweiten (1819) eingesetzten Nummern .