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In keinem Lande der Welt wird soviel wie in Deutschland die Wissenschaft um ihrer selbst wegen, das ist, um der Erkenntnis wegen, gepflegt; und doch hat sie in keinem Lande der Welt dem praktischen Schaffen größere Dienste getan. Das Beispiel steht vor uns. Was ist hier nicht alles, – von dem Nürnberger Spielzeug[1] bis zu dem riesigen Ungeheuer der Kruppschen Kanone,[2] bis zu den Wundern der Schmiedekunst und des Berliner und Meißener Porzellans,[3] bis zu den neuesten Erzeugnissen auf dem Gebiete des Machinenbaues, des Eisenbahnwesens, der Chemie, der elektrischen Triebkraft und des elektrischen Lichts – und da leuchtet wieder das deutsche Licht am hellsten und am weitesten – bis zu den Herrlichkeiten der heutigen Textilindustrie, bis zu den glänzenden Schöpfungen der Neuzeit in Malerei und Skulptur, von den einfachsten Lettern des gewöhnlichen Buchdrucks bis zu dem blendendsten Prachtwerke in Buchstaben und Bildern, von der Handfibel der deutschen Volksschule bis zu dem Apparat höchster Wissenschaft. Alles dies und viel mehr, wie es auf deutschem Boden gewachsen ist, das Nützliche und Schöne vereint, in einer Mannigfaltigkeit, Fülle und Pracht, und von jener Anmut durchwebt, wie sie nur einem in vielhundertjähriger Geschichte gebildeten Kulturvolk eigen sein kann – hier ist dies alles, so erstaunlich und doch so unleugbar und überzeugend, daß die Kritik ohne Kampf der Bewunderung weicht und selbst die Mißgunst und Eifersucht stumm wird.

Niemand verarge uns, wenn auch wir nur Deutsch-Amerikaner fühlen, als hätten wir an diesem schönen Siege


  1. [281] von dem Nürnberger Spielzeug, Nuremberg is the second largest city of Bavaria and is renowned for the manufacture of toys, enormous quantities of which are exported.
  2. [281] der Kruppschen Kanone, see page 4, note 2.
  3. [281] des Berliner und Meißener Porzellans, Berlin and Meiszen (an interesting old town in the kingdom of Saxony, 16 miles northwest of Dresden) are the chief centers of the German porcelain industry. The first porcelain factory in Europe was established at Meiszen by Böttger in 1710, the Berlin factory being founded in 1750. Most of the so-called „Dresden china“ really comes from Meiszen.
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Carl Schurz: Gruß ans alte Vaterland. D. C. Heath & Co., Publishers, Boston 1905, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gru%C3%9F_ans_alte_Vaterland_(Schurz).pdf/10&oldid=- (Version vom 1.8.2018)