Seite:HansBrassTagebuch 1936-07-12 001.jpg

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die aber alle gern in die Bunte Stube kommen u. Maria wohlwollend gegenüberstehen. Diese alle haben dem fanatischen und beschränkten Amtsvorsteher gegenüber die Stange gehalten, doch war, wie mir Maria sagt, Herr von Alvensleben heute in der Bunten Stube u. hat Maria gesagt, daß sich gestern das Gespräch unter jenen Herren noch stundenlang um die Bunte Stube gedreht habe. – Er soll gesagt haben, daß Maria nichts zu fürchten brauche, doch solle sie sich möglichst ruhig verhalten u. nichts Besonderes unternehmen, denn man kann nicht wissen, wohin dieser merkwürdige Haß dieses Amtsvorstehers diesen noch führen kann. –

     Die Sommergäste sind nicht weniger vom Anblick des Priesters u. der Schwestern erregt worden, wie mir Maria sagt – u. selbst diejenigen, mit denen sie auf gutem Fuße steht, entblöden sich nicht, teils taktlose, teils gehässige Bemerkungen zu machen, darunter auch eine Frau eines berliner Herrn, die sich ihre „Freundin“ nennt u. mit der Maria seit Jahren freundschaftlich verkehrt.

     Maria selbst faßt die Sache schön auf. Sie erkennt diesen unbegreiflichen Haß der Protestanten gegen die Katholiken. Was ist geschehen? Ein Priester u. zwei Schwestern gehen still durch's Dorf hinter ihnen her eine Schar von armen Kindern, die von ihnen kostenlos verpflegt u. betreut werden, – u. alle Sommergäste benehmen sich wie Ameisen, in deren Haufen man einen Gegenstand geworfen hat. „Was wollen die hier?!“ fragt man. Als ob es Menschen wären, die kein Recht haben, durch das Land zu gehen. –

     Allerdings: der Unterschied, – der Gegensatz ist schreiend! Diese Schwestern in ihrer schwarzen Ordenstracht – daneben die „Damen“, bekleidet mit einem Hös'chen u. einem kleinen Tuch über den Brüsten. – Zwei Welten. –

     Maria erkennt das mit offenen Augen – u. mehr als eine hl. Messe ist es grade dies Ereignis, das ihr zeigt, auf welche Seite sie gehört. –

Sonntag, den 12. Juli 1936.

     Waren heute früh wieder in Müritz, diesmal ohne Frl. Stumpe, dafür mit einer anderen Dame, die ebenfalls hier Sommergast ist, deren Namen ich aber nicht kenne. Das hatte für Fritz den Vorteil, daß die Dame 5 Rm. für die Fahrt bezahlte, so fuhr er wenigstens nicht ganz umsonst.

     Maria hatte gestern Abend noch einen ganzen Koffer voll Sachen für die Schwestern eingepackt, hauptsächlich Schuhe, die aus früheren Jahren in der Bunten Stube übrig waren, ganz neu, aber unmodern. Die Schwestern haben sich nicht schlecht gefreut. Auch mein Marien-Bild hatten wir mitgenommen u. besonders der Rektor freute sich darüber u. ich selbst freute mich über das helle u. lebhafte Verständnis, das er dem Bilde entgegenbrachte. Hier ist das Verschenken eines Bildes endlich einmal gut gewesen, – ich verglich im Geiste das aufgeschlossene Wesen des Rektors mit P. Petrus. Der Rektor ist ein famoser Mann, wohl zwei Meter groß, blond, mit blauen Augen, ein echter Westfale, mit einem fröhlich=gutmütigen Jungens-Gesicht. Er mag etwa 50 Jahre alt sein. – Er hatte die Frühmesse gelesen u. wir hatten von ihm die hl. Kommunion empfangen. Es war sehr schön gewesen. –

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Hans Brass: TBHB 1936-07-10. , 1936, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1936-07-12_001.jpg&oldid=- (Version vom 25.3.2024)