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das Gegenteil davon getan u. haben sich dazu noch als ihren Vertreter in London Herrn von Ribbentrop bestellt, der nach Möglichkeit das noch vorhandene Porzellan zertrampelt hat. Dafür ist dieser unfähige, aber gerissene Handelsvertreter heute unser Außenminister. –

     Wie aber werden wir aus dieser Sache wieder herauskommen? Einen eindeutigen Sieg wird es, wie ich glaube, jetzt so wenig geben wie im ersten Weltkriege, selbst wenn Rußland seinen Vormarsch noch weiter fortsetzen sollte. Ein Ende wird erst eintreten, wenn einer der Beteiligten schlapp macht. Der Kriegseintritt Iraks ist ein böses Zeichen u. rückt die Gefahr eines Kriegseintritts der Türkei nahe. Bulgarien u. Rumänien sind dann schwer gefährdet. Schließlich wird der Aufmarsch der Amerikaner in Afrika ja auch so weit sein, daß sie uns von dort endgültig verdrängen u. dann ist Italien nicht weniger gefährdet. Dort liegen also die schwierigen Punkte u. von dort her wird wahrscheinlich der Zusammenbruch erfolgen.

Abends.

     Heute abend gab der Heeresbericht endlich zu, daß Wilikije Luki von den Russen erobert worden ist. An allen übrigen Stellen der Front, auch bei Stalingrad, wurden natürlich alle Angriffe der Russen abgewiesen. –

     Zwischen 7 u. 8 Uhr kamen englische Flieger in sehr großer Zahl über das Dorf geflogen, man hörte noch bis gegen 10 Uhr Fliegergeräusch. Eine Bombe wurde irgendwo in der Nähe abgeworfen. Bei klarem Mondschein war der Himmel kreuz u. quer bedeckt mit Kondensstreifen. Gestern kamen sie auch schon zur selben Zeit, doch blieben sie nicht so lange, sie haben lt. Heeresbericht in Berlin Bomben geworfen. Die Rostocker Flak schoß heute abend, aber nur schwach. –

     Was mag in Stalingrad sein! – Die armen Jungens!

     Gestern abend war ich beim Frisör. Die Bude war wie stets sehr voll, denn der Frisör Bernhard Saatmann ist Grenzschutz u. kann sein Gewerk nur Sonnabends ausüben. Alle Leute dort waren sehr gedrückt. Der Sohn des Frisörs steht am Ihnensee. –

     Morgen sind es, glaube ich, zehn Jahre her, daß Hitler am Ruder ist, (Nein, daß die NSDAP zum ersten Male in Lippe eine Mehrheit erhielt.)

     Der Marschall Antonescu ist beim Führer gewesen. „Es wurde volle Uebereinstimmung festgestellt!" – Merkwürdig, daß der Mann dazu eine so weite Reise machen mußte! –

Montag, 18. Januar 1943.     

     Hieronymus:

     Für einen strenggläubigen Katholiken besteht der Teufel nur als Urheber des Bösen, nie aber als das schöpferische Prinzip. Er ist – u. doch auch nicht – eine Art Widersacher Gottes. Für mich (Pascoaes) hat das Böse seinen Ursprung in einem Verhängnis der Schöpfung, die weniger vollkommen sein mußte als der Schöpfer. Wir können seine Daseinswirklichkeit nicht dadurch

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Hans Brass: TBHB 1943-01-17. , 1943, Seite 004. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-01-18_001.jpg&oldid=- (Version vom 25.4.2024)