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ist, oder ob man absichtlich die Aufmerksamkeit des deutschen Spießers von diesen beiden Gegnern ablenken wollte, um ihm nicht noch mehr Angst zu machen. Diese beiden Gegner aber sind wichtiger als die ganze russische Offensive, das wird sich schon in den nächsten Wochen oder gar Tagen zeigen. Wenn es Absicht ist, die Aufmerksamkeit des Spießers ganz auf Rußland zu lenken, dann scheint das ja geglückt zu sein, denn vor einigen Tagen sprach ich vorsichtig mit unserem Lehrer Deutschmann, der hier Ortsgruppenleiter der Partei ist, u. erwähnte leise die Gefahr, die von der Türkei her droht. Dieser Mann ist sonst ganz vernünftig, aber hier versagte er. Er meinte wegwerfend, daß die Türken ja nichts taugen, daß die Bulgaren ja auch noch da wären u. daß wir außerdem da unten schon genug Soldaten stehen hätten. Hauptsache wäre, daß wir die Russen nicht weiterkommen ließen. Ich dachte mir mein Teil u. schwieg still. – Dieser Krieg wird früher sein Ende finden, als Herr Hitler u. seine Genossen es sich träumen lassen. Er wird nicht dazu kommen, den letzten Deutschen zur Verteidigung seiner Macht verbluten zu lassen, möglicherweise werden wir bald schwedische Einquartierung haben.

Mittwoch, 3. Februar 1943.     

     Marthas Besserung hält an, hoffentlich kann sie morgen aufstehen. Das Drama von Stalingrad ist nun zuende. Herr Goebbels hat angeordnet, daß alle Theater, Kinos, Konzerte usw. bis Sonnabend zu schließen haben. Man macht Reklame mit deutschem Heldenmut. – Es sind Flieger in der Luft, in der Ferne hört man Kanonendonner. Ich denke, daß Fritz heute schon in Bln. sein wird u. warte auf seinen Anruf, – leider vergebens. – In der letzten Woche machte die Batterie am Hohen Ufer wieder Uebungsschießen, jedoch nicht, wie sonst immer, auf eine Zielscheibe auf See, sondern über den Bodden in Richtung auf Born. Es kommt mir dabei der Gedanke, ob das schon ein Einschießen sein kann für den Anmarschweg von Stralsund her? Wenn Schweden kommen, so müssen sie von dort her kommen. Falls die Schweden unseren norwegischen Küstenschutz vom Rücken her angreifen, müßte ein gleichzeitiger Angriff der Engländer von See her leicht glücken. – Der Präsident von Finnland scheint sich auch schon den Rücken decken zu wollen. Er hat bei der Eröffnung des finnischen Parlaments gesagt, daß man, falls die Achsenmächte den Krieg verlieren, Finnland keinen Vorwurf machen könne, daß es seine Freiheit verteidigt habe. – Gestern Nacht ist Köln wieder schwer bombardiert worden. –

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Hans Brass: TBHB 1943-02-02. , 1943, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-02-03_001.jpg&oldid=- (Version vom 26.4.2024)