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TBHB 1943-02-02

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1943-02-02
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Entstehungsdatum: 1943
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Originaltitel: Dienstag den 2. Februar 1943.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 2. Februar 1943
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Einführung

Der Artikel TBHB 1943-02-02 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 2. Februar 1943. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Dienstag den 2. Februar 1943.     

[1]      Marthas Gesundheit sehr langsam besser. Die frühlingshafte Wärme dauert immer noch an. – Generalfeldmarschall Paulus hat sich mit 16 Generalen u. dem Rest seiner Truppen den Russen übergeben, nur eine Armeegruppe unter Befehl eines General Stricker hält sich noch in einem nördlichen Stadtteil, doch dürfte auch die Uebergabe dieses kleinen Restes inzwischen erfolgt sein. Damit ist dieses furchtbare Drama zuende. –

     Im übrigen scheint nun einzutreten, was ich längst befürchtete u. vorausgesagt habe: der Kriegseintritt der Türkei. Churchill ist nach der Konferenz mit Rooseveld in Casablanka nach Ankara geflogen u. hat dort sowohl mit dem Staatspräsidenten wie mit dem Ministerpräsidenten eine Konferenz gehabt, zu welcher die Generalstabschefs der Engländer und der Türken zugezogen worden sind. Von dort ist Churchill nach Cypern geflogen, wo er eine sehr kriegerische Rede gehalten hat, die besonders die baldige Befreiung Griechenlands behandelt hat. Auf Cypern ist eine englische Armee versammelt, die englische Armee, welche in Irak, Iran u. Syrien steht u. dort einen eventuellen Durchbruch unserer Armeen zum Persischen Golf verhindern sollte, ist nach der veränderten Sachlage im Kaukasus jetzt wieder frei. Die Russen stehen vor Krasnodar. Diese englische Armee wird also mit den Türken Bulgarien angreifen u. bestimmt überrennen, da die Bulgaren sich ihr nicht mit ganzer Kraft entgegenstellen können, denn diese Cypern=Armee wird zugleich in Griechenland landen u. die Bulgaren von Mazedonien hier im Rücken fassen. Nachdem der Hauptteil der Rumänischen Armee an unserer Ostfront steht u. größtenteils verblutet oder in russischer Gefangenschaft ist, wird Rumänien so gut wie wehrlos sein u. wir werden die einzige Möglichkeit, Oel zu erhalten, verlieren. Das aber heißt, daß kein Flugzeug mehr fliegen, kein Tank u. kein Lastwagen mehr fahren kann, – also praktisch das Ende des Krieges. Es sollte mich übrigens wundern, wenn nicht gleichzeitig ein Angriff auf die Norwegische Küste erfolgen würde bei gleichzeitiger Kriegserklärung Schwedens an Deutschland. Dann würden wir hier an der Küste also auch noch etwas vom Kriege zu spüren bekommen, – u. wer kann heute sagen, ob dann nicht Stralsund u. unser Darss u. ganz Pommern wieder Schwedisch wird, was es ja schon einmal war. Das würde für uns die Beseitigung der russischen Gefahr bedeuten, – wenn eine solche überhaupt besteht, denn die Engländer müssen ja notgedrungen den Polen ein noch vergrößertes Polen wieder einrichten. Darüber werden sie sich mit den Russen wohl noch in die Haare kriegen. –

     Die beiden Reden von Goebbels u. Göring am 30. Januar hatten übrigens das Bemerkenswerte, – besonders Görings Rede, – daß ausschließlich vom Krieg gegen Rußland die Rede war. Man konnte fast den Eindruck haben, als wäre der Krieg mit England u. Amerika nicht der Rede wert. Ich bin mir nicht klar darüber, ob das pure Dummheit [2] ist, oder ob man absichtlich die Aufmerksamkeit des deutschen Spießers von diesen beiden Gegnern ablenken wollte, um ihm nicht noch mehr Angst zu machen. Diese beiden Gegner aber sind wichtiger als die ganze russische Offensive, das wird sich schon in den nächsten Wochen oder gar Tagen zeigen. Wenn es Absicht ist, die Aufmerksamkeit des Spießers ganz auf Rußland zu lenken, dann scheint das ja geglückt zu sein, denn vor einigen Tagen sprach ich vorsichtig mit unserem Lehrer Deutschmann, der hier Ortsgruppenleiter der Partei ist, u. erwähnte leise die Gefahr, die von der Türkei her droht. Dieser Mann ist sonst ganz vernünftig, aber hier versagte er. Er meinte wegwerfend, daß die Türken ja nichts taugen, daß die Bulgaren ja auch noch da wären u. daß wir außerdem da unten schon genug Soldaten stehen hätten. Hauptsache wäre, daß wir die Russen nicht weiterkommen ließen. Ich dachte mir mein Teil u. schwieg still. – Dieser Krieg wird früher sein Ende finden, als Herr Hitler u. seine Genossen es sich träumen lassen. Er wird nicht dazu kommen, den letzten Deutschen zur Verteidigung seiner Macht verbluten zu lassen, möglicherweise werden wir bald schwedische Einquartierung haben.