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Seite:HansBrassTagebuch 1943-11-26 003.jpg

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Pfarrhelferin mit Frau Monheim. – Vorher hatte sich Pfr. K. bereit erklärt, heute früh um 8 Uhr noch eine Messe zu lesen. Ich hatte nicht geglaubt, daß dazu sehr viele Menschen kommen würden, doch irrte ich mich. Trotzdem in der Nacht starker Sturm eingesetzt u. unser Lichtleitungsnetz kaputt geschlagen hatte, kamen doch viele Menschen, vor allem die alte Frau Longard, die gestern Abend wegen der Dunkelheit nicht kommen konnte. Auch Frau Prof. Triebsch war da. – Es wurde wieder von allen kommuniziert. – Nach der Messe frühstückten wir mit dem Pfarrer + seiner Helferin u. dann mußten die beiden bald fort, denn sie mußten um 1/2 11 Uhr den Dampfer in Wustrow benutzen. Da starker Südwest war, werden sie ihre Räder wohl haben schieben müssen, denn dieser Wind war ihnen entgegen u. die Chaussee ist völlig Schutzlos. – Martha u. ich räumten dann gleich wieder das Zimmer ein. Wir waren beide von gestern u. heute sehr angestrengt u. nicht fähig, am Tage noch viel zu tun. Außerdem hatten wir bis 3 Uhr nachmittags keinen Strom u. konnten darum kein Mittagessen kochen. Es fiel darum aus. Von 4 – 5 Uhr gab ich Jens u. Lothar Religionsstunde.

     Gestern nach der Messe blieben Krappmanns noch etwas da. Sie berichteten von Schweinfurt. Die Kugellager-Fabriken sind so gut wie völlig zerstört. Da die Fabriken aber auf Vorrat gearbeitet u. diese Vorräte auf Ausweichlager verteilt hatten, kann zunächst ein Mangel an Kugellagern nicht eintreten. Aber das ist natürlich mehr oder weniger bei allen Rüstungsbetrieben so. Es handelt sich jetzt darum, die Fabriken so rasch wieder aufzubauen, daß sie wieder betriebsfähig sind, wenn die Vorräte aufgebraucht sind. Daß das gelingt, ist kaum anzunehmen. Außerdem fehlt es ja auch an dem nötigen Material zum Wiederaufbau. – Sehr anschaulich erzählte Dr. K. von seiner Rückreise durch Berlin, wo er eintraf am frühen Morgen nach der ersten Bombennacht. Der Zug fuhr bis zu irgend einem Ort kurz vor Berlin, wo alles aussteigen mußte. Nach langem Warten kam ein kleiner Autobus, um die Leute weiter zu bringen, aber es waren natürlich Hunderte, die mitfahren wollten. Es gelang Dr. K. und seiner Frau mitsamt Gepäck mitzukommen, – er war in Uniform, das hat ihm geholfen. Er beschreibt die Fahrt in diesem Omnibus, die fürchterlich gewesen sein muß. Ich glaube, er ist bis Schöneberg gekommen, wo man Dampfzüge auf der Hochbahn eingesetzt hatte, wenn ich nicht irre. Jedenfalls wollte er zum Stettiner Bahnhof, doch stellte sich heraus, daß auch dieser in Flammen stand u. unbenutzbar war. Mit allen möglichen Mitteln ist er schließlich bis nach Oranienburg gekommen. Diese Fahrt durch Berlin bis zur Weiterfahrt von Oranienburg hat 15 Stunden gedauert. – Die Stimmung der Berliner war natürlich verzweifelt u. von der humorvollen oder heldenhaften Haltung der Bevölkerung, von der in der Zeitung geschwafelt wird, hat er keine Spur bemerkt. Was er von Bln. gesehen hat, war grauenvoll. – In Schweinfurt meint Dr. K. wäre die Stimmung aber noch viel schlechter gewesen, weil die Menschen im Süden freier sind u. aus sich herausgehen, während hier im Norden die Menschen schweigen. – Die DAZ. ist seit dem ersten Angriff bis jetzt noch nicht erschienen, wahrscheinlich ist auch sie zertrümmert. Es sind nun in der letzten Woche 4 Angriffe gewesen, bei denen insgesamt 7 Millionen Kilo Bomben auf Berlin gefallen sind. Bei anderen Angriffen in der letzten Woche sind auf ganz Deutschland u. besetzte Gebiete verteilt nochmals 7 Millionen Kilo geworfen worden. –

     In seiner Rede am 8. Nov. in München hat der Führer dem Sinne nach Folgendes gesagt: „Ich werde weiter kämpfen bis zum Siege, auch wenn darüber in Deutschland noch viel mehr zertrümmert wird, – u. sollte das Deutsche Volk da nicht mittun wollen, dann würde ich es verachten müssen.“ – Dieser Satz

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1943-11-29. , 1943, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-11-26_003.jpg&oldid=- (Version vom 26.5.2024)