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Seite:HansBrassTagebuch 1944-05-15 001.jpg

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Aufstand der ausländischen Arbeiter in Deutschland sein. Es wird furchtbar werden. –

     Im Garten Erbsen u. Buschbohnen gesät. Ich fürchte, daß die Arbeit umsonst ist, wegen schlechtem Saatgut.

     Heute Referat über die Kirche vorbereitet. Pfr. Dobczynski bat mich, am Sonntag ein Referat vor seinen Gästen zu halten. Wir fahren morgen Nachmittag mit Spangenberg nach Prerow, von dort nach Barth mit der Bahn. Am Montag Vormittag wollen wir wieder hier sein.

     Die Amerikaner haben heute am Tage Industriewerke um Leipzig sehr schwer angegriffen, hauptsächlich das Leunawerk. Näheres ist noch nicht bekannt. In München scheint nun ja die ganze Innenstadt restlos vernichtet zu sein. – Es ist grauenhaft. – Heute Mittag war Frau Schneider bei uns u. erzählte ebenfalls aus Berlin. Das alles ist unvorstellbar.

     Sevastopol ist von den Russen erobert.

Montag, 15. Mai 1944.     

     Am Samstag Nachmittag fuhren wir um 1/2 4 Uhr mit Spangenberg nach Prerow. Wir hatten Grete + Paul aufgefordert, mitzufahren, damit sie einmal den Darss sehen konnten, denn es war herrliches, warmes Frühlingswetter u. die Fahrt war sehr genußreich. Um 2 Uhr waren feindliche Fliegerverbände in sehr breiter Front von der See her eingeflogen in Richtung Stettin. Gerade als wir losfuhren kamen sie zurück. Sie flogen in sehr großer Höhe. Als wir grade in den Darss einfuhren, fand da oben noch ein Luftkampf statt, von dem man aber nichts sah, denn bei der großen Höhe konnte man nur die großen amerikan. Maschinen sehen, unsere kleinen Jäger waren nicht zu erkennen, jedoch hörte man deutlich das Schießen der Maschinengewehre. – Wir waren dann um 6 Uhr in Prerow, – der Zug sollte um 630 Uhr fahren, jedoch fuhr er wegen des Fliegeralarms erst um 730 Uhr. Wir saßen auf dem Bahnhof herum mit einem jungen Soldaten, der in Afrika in englische Gefangenschaft geraten u. nach Kanada gekommen war, von wo er dann ausgetauscht worden ist wegen eines doppelten Beinschusses. Nun war er wieder Soldat, allerdings wohl nicht mehr frontverwendungsfähig. – In Barth kam ein Junge auf mich zu u. fragte mich, ob ich Herr Brass sei. Ich fragte ihn, wie er hieße u. es stellte sich heraus, daß er Friedrich Hertweck war, der Sohn des Ingenieurs, bei dem ich wohnen sollte. Er brachte uns zum Pfarrhause, wo wir vom Pfarrer u. seiner Schwester Gertrud u. von der sehr netten Pfarrhelferin Schw. Maria erwartet wurden mit einem kleinen Abendessen, – d.h. es war garnicht so klein, denn es gab eine vorzügliche Erbsensuppe u. anschließend noch Brot. Nach dem Essen brachte mich der Pfarrer selbst zu meinen Gastgebern Hertweck, die nicht weit vom Pfarrhause wohnen, während Schw. Maria Martha zu ihren Gastgebern Schell brachte, deren Wohnung leider ziemlich weit entfernt liegt, etwa 3/4 Std. zu gehen. Das Ehepaar Hertweck hatte mit dem Abendessen auf mich gewartet u. ich mußte wohl oder übel noch einmal essen, was nicht so schwer war, da es vorzügliche Bratkartoffeln mit prachtvollem grünen Salat, dem ersten dieses Jahres, gab. Frau H. ist die Tochter eines serbischen Obersten u. griech-orthodox, eine sehr gebildete Frau, selbst Dipl-Ing., aber sehr weiblich, was man bei solch studierten Frauen selten findet. Auch habe ich noch nie eine Frau kennen gelernt, die sich grade dieses Studium

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Hans Brass: TBHB 1944-05-12. , 1944, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-05-15_001.jpg&oldid=- (Version vom 23.10.2024)