TBHB 1944-05-12
Einführung
[Bearbeiten]Der Artikel TBHB 1944-05-12 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 12. Mai 1944. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.
Tagebuchauszüge
[Bearbeiten][1] Heute vor einem Jahre war Fritzens unglückselige Hochzeit. Es ist endlich wärmer geworden, sodaß wir seit zwei Tagen nicht mehr heizen brauchten. Gestern u. heute konnten wir auf der Terrasse Kaffee trinken, heute sogar Abendbrot essen. Abends war Frau Smith da u. erzählte schreckliche Dinge auf Berlin. Sie war auch nach Friedrichshafen gefahren, doch stand diese Stadt nicht mehr, als sie ankam. Sie ist mit demselben Zug, mit dem sie hingefahren war, gleich wieder zurückgefahren, denn die Stadt war einfach nicht mehr vorhanden.
Gestern haben sie in Regensburg den kleinen Hartmuth begraben. Erich teilte es telegraphisch mit.
Von Fritz heute Brief an mich persönlich. Ich hatte Sorge, daß er meinen Brief, in dem ich ihm recht hart zuredete, sich etwas männlicher zu benehmen u. nicht so viel zu jammern, übel genommen haben könnte, aber es ist nicht so, er sieht sein Unrecht ein u. das ist doch sehr rührend. Er erwartet nun täglich seinen Einsatz in Südfrankreich, das 1. Btl. seines Regimentes ist bereits fort, er ist im 2. Btl. Gott möge ihn schützen. Die Invasion muß nun ja täglich beginnen. In Süditalien hat eine neue, große Offensive begonnen, die offenbar besser vorbereitet ist als die letzte gegen Cassino. Ich habe den Eindruck, daß mit dieser Offensive die letzte Wendung eintreten wird. Ich nehme an, daß der Gegner neue Landungen vornehmen wird, entweder in Südfrankreich oder in Norditalien, vielleicht beides, u. daß dann der Aufstand in Südfrankreich ausbrechen wird. Dann ist Fritz mitten darin. Zugleich wird es an der Knalküste losgehen. Das Nächste wird dann der [2] Aufstand der ausländischen Arbeiter in Deutschland sein. Es wird furchtbar werden. –
Im Garten Erbsen u. Buschbohnen gesät. Ich fürchte, daß die Arbeit umsonst ist, wegen schlechtem Saatgut.
Heute Referat über die Kirche vorbereitet. Pfr. Dobczynski bat mich, am Sonntag ein Referat vor seinen Gästen zu halten. Wir fahren morgen Nachmittag mit Spangenberg nach Prerow, von dort nach Barth mit der Bahn. Am Montag Vormittag wollen wir wieder hier sein.
Die Amerikaner haben heute am Tage Industriewerke um Leipzig sehr schwer angegriffen, hauptsächlich das Leunawerk. Näheres ist noch nicht bekannt. In München scheint nun ja die ganze Innenstadt restlos vernichtet zu sein. – Es ist grauenhaft. – Heute Mittag war Frau Schneider bei uns u. erzählte ebenfalls aus Berlin. Das alles ist unvorstellbar.
Sevastopol ist von den Russen erobert.