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Seite:HansBrassTagebuch 1944-05-15 002.jpg

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gewählt hätte. – Vor dem Essen unterhielt ich mich mit Herrn H. allein u. fand zu meiner Ueberraschung, daß er zu jenen seltenen Menschen gehörte, die an einen deutschen Sieg glauben. Da dieser Mann offensichtlich kein Dummkopf ist, wurde ich davon nachdenklich u. etwas verwirrt. Nach dem Essen bot mir Herr H. einen vorzüglichen Pflaumenschnaps an u. das Gespräch wurde nun lebendiger, da auch Frau H. sich daran beteiligte u. da ich feststellte, daß die Frau ihrem Mann in allen Dingen entschieden widersprach. Sie scheint ähnliche Ansichten zu haben, wie ich selbst. Dadurch wurde unsere Unterhaltung sehr lebendig. Es scheint so zu sein, daß Herr H. als Deutscher sehr national denkt u. die deutsche politische Entwicklung bejaht aus innerer Abwehr gegen die Denkweise seiner Frau, die ausgesprochen antideutsch ist. Die Ansichten gingen hart gegeneinander, da ich die Partei der Frau nahm, es wurde dabei immer wieder getrunken u. schließlich war es 3 Uhr Morgens, als wir uns trennten. Herr H. war zu dieses Zeit ziemlich betrunken. – Ich schlief in einer Mansarde. Herr H. wollte mich am Morgen zur Frühmesse begleiten, konnte aber nicht aus dem Bett kommen u. so ging ich allein u. frühstückte nachher im Pfarrhause. Um 10 Uhr war Hochamt mit Christenlehre für die Kinder, was der Pfarrer sehr hübsch machte, obgleich des Aermste eine lästige Kiefernvereiterung hatte, die sehr schmerzhaft war. Ich segnete im Stillen mein neues Gebiß, das mir nicht mehr weh tun kann. Martha war trotz des weiten Weges auch zur Frühmesse gekommen u. wir frühstückten zusammen. Nachher sprach ich etwas mit dem Pfarrer u. wir bereiteten den Nachmittag vor, indem der Pfarrer mir die einzelnen Teilnehmer etwas schilderte. Nach dem Hochamt ging ich dann wieder zu Hertwecks, um dort zu Mittag zu essen u. traf dort einen Herrn Billinger, ebenfalls Ingenieur etwa in meinem Alter, ein unproblematischer, gesunder u. ungemein treuherziger Mann, gebürtig aus Baden wie auch Herr Hertweck, aber viel urwüchsiger. Gleich nach dem Essen zog ich mich zurück um die Nachtruhe nachzuholen. Ich schlief bis 4 Uhr, zu welcher Zeit es Kaffee geben sollte. Inzwischen war auch die Gattin des Herrn Billinger gekommen, die vorher in Stralsund gewesen war, wo eine Versammlung der NSV. stattgefunden hatte, u. in der Frau B. offenbar eine wichtige, ehrenamtliche Rolle spielt. In dieser Frau B. lernte ich eine ganz entzückende, warmherzige, gütige u. mütterliche Frau kennen. Es gab dann Bohnenkaffee u. vier verschiedene Arten von Kuchen, von Frau H. selber gebacken u. zwar vorzüglich. Ich verstehe nicht, woher die Leute das Material haben, dergleichen zu machen. Kurz vor 5 Uhr brachen wir alle auf u. gingen zum Pfarrhause. Dort war also der Pfarrer selbst, seine Schwester Gertrud, Schw. Maria, Martha u. ich, sodann Herr u. Frau Hertweck, Herr u. Frau Billinger, Herr u. Frau Schell, (bei denen Martha wohnte) u. dann noch zwei Unteroffiziere, Studenten, von der Flak. Das waren beides prächtige Kerls. Wir waren also dreizehn Personen, – wie die Apostel mit dem Herrn. – Der Pfarrer sprach einige einleitende Worte u. forderte mich dann auf, mein Referat zu halten. Die anregende Wirkung des genossenen Bohnenkaffees kam mir sehr zu statten u. es gelang mir, die Anwesenden eine gute Stunde lang richtig zu fesseln u. in Bann zu schlagen. Es war ungemein schön u. hat mich sehr befriedigt, zu fühlen, daß meine Worte anregend wirkten u. auch keinen Widerspruch hervorriefen. Als ich geendigt hatte, herrschte längere Zeit eine

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Hans Brass: TBHB 1944-05-15. , 1944, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-05-15_002.jpg&oldid=- (Version vom 23.10.2024)