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Seite:HansBrassTagebuch 1944-06-12 001.jpg

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unübersehbar schwer“. Was heißt das, u. was soll man sich darunter vorstellen? – Sodann wird berichtet, daß wir bisher in vier Nächten, „einen Kreuzer, zwei Zerstörer u. drei Panzerwagen-Landungsschiffe“ vernichtet hätten. Sind das die unübersehbar schweren Verluste? – nachdem von drüben an 4000 Kriegsschiffe u. viele Tausend andere Fahrzeuge eingesetzt worden sind? Davon wird freilich nichts gesagt, denn dann würde man sehen, daß, soweit es sich um Schiffsverluste handelt, so gut wie überhaupt keine Verluste eingetreten sind. Die Engländer selbst haben bisher 239 Flugzeuge als verloren angegeben u. mit dieser Zahl wird von uns geprahlt, daß aber insgesamt 11000 Flugzeuge eingesetzt waren, davon wird wieder nichts gesagt. Im Heeresbericht heißt es heute, daß dem Gegner, wenn auch unter hohen Verlusten durch die Angriffe der deutschen Seestreitkräfte u. der Luftwaffe, die Verstärkung seines Landekopfes gelungen sei, aber es wird behauptet, daß trotzdem unser Angriff östlich der Orne an Boden gewonnen habe. Der Kampfraum östlich der Orne ist im Augenblick aber ganz unwichtig, es muß den Gegnern daran liegen, nach Westen u. Südwesten vorzustoßen, um die Halbinsel Cherbourg abzuriegeln, u. das tun sie auch, denn der Heeresbericht sagt, daß die Gegner westlich der Orne Bayeux mit Panzerkräften umfassend angegriffen habe u. weiter nach Westen u. Südwesten vorgestoßen seien. Aus dieser ganzen Berichterstattung kann man schließen, daß es für uns nicht zum Besten steht. Uebrigens stellen die Engländer fest, daß bisher noch kein einziges U-Boot am Kampfplatz erschienen sei. Auch von Gefangenen wissen wir nichts zu berichten, während die Engländer bereits einige tausend Gefangene gemacht haben, unter denen sich eine Anzahl Polen u. Tschechen befinden sollen. –

Montag, 12. Juni 1944.     

     Gestern Nachmittag zum Kaffee bei Krappmanns. Bohnenkaffee u. den schon üblichen Käsekuchen, sehr gut wie immer, aber dafür eine schlaflose Nacht. Krappmanns sprachen sich natürlich über Frau Smith aus. Frau K. ist überaus nervös, sie kann davon nicht reden, ohne in Tränen auszubrechen, was uns aber nicht abhielt, den berechtigten Standpunkt der Frau Smith zu vertreten. Dr. K. erwartet, daß er infolge der Invasion jeden Augenblick abberufen werden kann u. er wollte dann seine Frau allein im Hause zurücklassen. Wir haben ihm klar gemacht, daß das unmöglich sein würde. Frau K. ist nun einmal eine richtige, kleine Pute, die im Reinemachen aufgeht u. sich nicht in die Mentalität einer Frau S. hineinversetzen kann, es ist unmöglich, einen Ausgleich zwischen diesen beiden Frauen zu finden. Es ist klar, daß man Frau K. nicht freisprechen kann. Sie ist die Jüngere, sie u. ihr Mann lebt mit den Kindern fast umsonst im Hause, sie zahlen 25,– Rm. Miete monatl. Ihre kleinliche Lebensauffassung muß wirklich ein Leben mit ihr recht schwer machen. Wenn sie dann wenigstens im Glauben fest stünde, aber auch das geht ganz in kleinlicher Hausarbeit unter, sie hat nie Zeit, zu unserer Andacht zu kommen, weil sie Wäsche hat oder Fenster putzen muß oder den Fußboden. Dr. K. erlaubte sich, von Frau S. als von einer Drohne zu sprechen, weil Frau S. sich für solche Hausdinge nicht interessiert. Ich habe ihm geantwortet, daß Frau S. immerhin durch ihre Arbeit

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Hans Brass: TBHB 1944-06-10. , 1944, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-06-12_001.jpg&oldid=- (Version vom 9.6.2024)