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Seite:HansBrassTagebuch 1944-06-25 001.jpg

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sich damals bei der Landung in Afrika maßgebend beteiligt, sie kämpfen mit einer Armee in Italien sie sind jetzt bei der Invasion maßgebend beteiligt u. bringen es dann noch fertig, jetzt östlich der Philippinen den Japanern eine Seeschlacht zu liefern, bei der sie, wie es scheint, zwar keinen entscheidenden Sieg errungen haben, bei der sie aber die Japaner zum Rückzug gezwungen haben. Und gegen dieses Volk führt dieser tollgewordene Anstreicher einen Krieg. – Sie stehen jetzt dicht vor Cherbourg u. man kann der Besatzung nur wünschen, daß sie dem Befehl des Feldmarschalls v. Rundstätt nicht Folge leisten sondern sich möglichst rasch ergeben. Rundstätt hat den Befehl gegeben, die Festung bis zum letzten Mann zu verteidigen. Das würde das Ende zwar um einige Tage hinauszögern, aber an der Lage nichts andern.

Sonntag, 25. Juni 1944.     

     Cherbourg steht unmittelbar vor dem Fall, die Amerikaner sind bereits in die Stadt eingedrungen. In Italien nähert sich die Front bereits Livorno. Nördlich dieser Stadt dürfte die allerletzte Möglichkeit liegen, eine Abwehrfront zu halten, wenn dies nicht möglich ist, wird Kesselring in die Ebene Norditaliens gedrängt, zu deren Verteidigung keine Möglichkeit gegeben ist, er muß dann in die Alpen zurück. Im Osten haben die Russen ihre Offensive nördlich u. südlich von Witebsk begonnen, die sich heute bis nach Mogilew ausgedehnt hat. Gegen Finnland haben sie die Swirlinie durchbrochen. Von Fritz bekamen wir gestern Nachricht vom 16. Juni. Er schreibt von achttägigen Kämpfen gegen eine 800 Mann starke Bande, die sie zersprengt haben. Also Offensive an allen Fronten, auch der inneren Front in Frankreich. Die Russen scheinen alle Eisenbahnverbindungen von Witebsk nach rückwärts bereits durchschnitten zu haben, ein rasches Vordringen an dieser Stelle bringt den ganzen Nordflügel mit dem Baltikum u. Ostpreußen in Gefahr. –

     Von den Finnen hieß es wieder, sie wollten Frieden machen, doch scheint Dietl sie wieder umgestimmt zu haben, wahrscheinlich mit dem Hinweis auf unsere „Wuwa“, die Wunderwaffe. Diese ist nun seit zehn Tagen in Wirksamkeit u. wenn die Hälfte von dem wahr ist, was unsere Propaganda behauptet, dann müßte von London nicht mehr viel stehen. Anstatt dessen tagt dort das Unterhaus. Gewiß ist diese Waffe für England lästig u. unheimlich, aber mehr sicher nicht. Es scheint den Engländern gelungen zu sein, die Startbahnen der „Wuwa“ großenteils zu vernichten, denn offenbar treten jetzt erhebliche Pausen ein in dem von uns geplanten ununterbrochenen Fluß der Abschüsse. Herr Dr. Goebbels spricht allerdings im „Das Reich“ davon, daß die „Wuwa“ erst der Anfang sei, wir hätten noch andere, weit größere Ueberraschungen auf Lager. Das Volk glaubt es.

     Von Partikel heute die Anzeige, daß sein Sohn Adrian am 30. Mai im Alter von 20 Jahren als Leutnant im Osten gefallen ist.

     Das Engelbild macht Fortschritte, es wird sehr farbig u. wenn es keine unerwarteten Ueberraschungen gibt, wird es ein schönes Bild werden. Von Berlin hört man schreckliche Dinge über den letzten Angriff.

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1944-06-22. , 1944, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-06-25_001.jpg&oldid=- (Version vom 9.6.2024)