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Seite:HansBrassTagebuch 1944-11-27 001.jpg

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er auch von der immer noch nicht beseitigten Spannung zwischen ihm u. dem Stabsarzt, die sich zu seinem Nachteil auswirkt, indem er zur Kompanie versetzt werden soll, wo er dann nur die Funktion eines Krankenträgers auszuüber hätte u. als solcher jederzeit als Schütze eingesetzt werden kann. Auch ist er als Krankenträger sehr gefährdet. Es scheint, als wäre seine Truppe schon im Marsch, denn er berichtet, daß der Stabsarzt, die beiden Feldwebel u. er nun laufen müßten, anstatt zu fahren u. daß sie weiße Stahlhelme aufhätten u. über Brust u. Rücken weiße Tücher trügen mit dem Roten Kreuz. – Die Hoffnung, daß Fritz herausgekommen sein könnte, ist sehr gering, denn gestern Abend hieß es, daß die Franzosen bei Zabern durchgebrochen seien u. Straßburg erreicht hätten u. daß die südliche Zange entlang dem Rhein nach Norden vorstieße u. Schlettstadt erreicht hätte. In dem so gebildeten Kessel wären an 50000 Soldaten gefangen. Unter diesen muß sich dann auch Fritz befinden. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß dieser Kessel von Norden her, aus dem Saarland gesprengt werden kann denn die Franzosen sind gemeinsam mit Amerikanern auch dort im Vordringen in Richtung deutsch-lothring. Grenze. – Im Raume Aachen geht die mörderische Materialschlacht unentwegt weiter u. muß schließlich zum Zusammenbruch unserer Front führen.

     Gestern Abend war wie jetzt jeden Freitag Erich S. mit seinem Sohne Ando da. Erich S. macht sich Vorwürfe, daß er zu wenig Energie aufgewendet hätte, seinen Sohn Bengt von der Tirpitz zu holen u. er möchte sich an dem Marinedekan rächen, der die Verzögerung verschuldet hat. Besser wäre es freilich, wenn er sich Vorwürfe machte, daß er nicht nur seinen Sohn Bengt verloren hat, sondern auch Ando, u. zwar infolge des Widerspruchs seines persönlichen Lebens u. seiner Theologie. Es ist schrecklich, zu sehen wie dieser Mann diesen Verlust erleidet ohne jede Spur von Ergebenheit an Gottes willen u. ohne Reue über sein Leben, dessen Schuldhaftigkeit er anscheinend garnicht erkennt. –

     Gestern Abend wieder Rosenkranz: Frau Krauss, Frau de Breé u. die Nachrichtenhelferin.

Montag, 27. Nov. 1944.     

     Gestern zur Andacht war Prof. v. Walter zugegen. Am Sonnabend Vormittag hatte er mir eine Schreibmaschinen-Abschrift des Rosenkranzes seiner verstorbenen Frau gebracht, für jeden Wochentag ein Gesetz: Montag das gewöhnliche freudenreiche Geheimnis, Dienstag „die lehrreichen Geheimnisse“ von Edith v. W selbst verfaßt, Mittwoch desgleichen „die trostreichen Geheimnisse, Donnerstag desgl. „die gnadenreichen Geheimn.“ Freitag die gewöhnlichen schmerzhaften Geheimnisse, Samstag „die tränenreichen Geheimnisse“ v. E. v. W. u. Sonntag die gewöhnlichen glorreichen Geheimnisse. Diese Gebete sind wirklich sehr schön, ganz echt im Stil, sodaß keine Differenz vorhanden ist zwischen den gewöhnlichen u. den neuen Gesetzen. Desgleichen gab mir Prof. v. W. eine von ihm selbst für die gegenwärtige Zeit verfaßte Bitt=Litanei, die ebenfalls sehr schön ist u. die wir von jetzt ab jeden Freitag beim Gebetsabend beten werden. –

     Gestern Nachmittag waren die beiden Soldaten

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Hans Brass: TBHB 1944-11-25. , 1944, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-11-27_001.jpg&oldid=- (Version vom 23.10.2024)