Zum Inhalt springen

Seite:HansBrassTagebuch 1944-12-04 001.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

Steinkohlen ein Teil für andere Flüchtlinge beschlagnahmt werden würde. Ihlefeld war auch bei uns, doch weiß ich nicht, ob auch bei uns Kohlen abgeholt werden sollen, jedenfalls meinte er, daß auf keinen Fall damit zu rechnen sei, daß neue Kohlen herkämen, besonders keine Steinkohlen aus dem Ruhrgebiet. Es wird also ein großes Frieren geben in diesem Winter, hoffentlich friert dann unsere Heizung nicht kaputt, denn dann ist es ganz aus. –

Montag, 4. Dez. 1944.     

     Geburtstag von Fritz u. Ruth. Wie es Fritz wohl ergehen mag. Keine Nachrichten außer aus dem Sender. Danach sind die Amerikaner von Straßburg her bis Schlettstadt vorgedrungen, die Franzosen vom Süden her bis Colmar. Es gibt für unsere Truppen demnach nur noch einen sehr schmalen Rückzugsweg u. dieser ist sehr gefährdet. Weiter im Norden stehen die Amerikaner in Saarlautern u. dicht vor Saarbrücken.

     Gestern war die Adventsandacht sehr besucht, u. a. die Mutter der Frau de Brée aus Berlin. Prof. v. Walter verspätete sich u. kam vor verschlossene Türen. Er kam später u. entschuldigte sich. Sein Sohn ist nun in Ribnitz untergebracht gegen einen Wucherpreis. Er bewohnt mit einem anderen Jungen zusammen ein sehr kleines Zimmer, wofür die Frau 150,– Rm. verlangte. Er handelte auf 120,– Rm. herunter. –

     Am Nachmittag waren die Soldaten da u. hackten Brennholz aus Kisten. Später kam noch ihr Kamerad Mehlis dazu mit dem Bauer Voss aus Althagen und brachte das Holz, welches er am vorigen Sonntag im Darss für uns gemacht hatte, Aeste von Kiefern, 2 Raummeter. Wir bewirteten alle mit Kaffee (Ersatz) Cigaretten, Kuchen u. mit einem Gläschen Weinbrand. Wir saßen unten im Eßzimmer, wo der Eßtisch ausgezogen war. Erika hatte sehr nett gedeckt mit Kieferngrün. Die Leute waren sehr vergnügt u. aufgeräumt, sie waren glücklich, einmal in einem behaglichen Raum sitzen zu können u. als Menschen behandelt zu werden. Mehlis, den wir bisher nicht näher kannten, ist Sohn eines Bankdirektors in München. – Er ist ein mit vielen Wassern gewaschener Mensch, der sich in seinem Leben in allen Ländern der Welt umhergetrieben hat. –

     Abends waren wir bei Frau Longard, die jetzt allein mit ihrer halb närrischen Erna haust, denn Frau Kemper ist mit den Kindern wieder in Berlin. Die alte Frau L. ist stets ungemein anregend. –

     Die Luftoffensive hat gigantische Formen angenommen. Im Monat November sind über 100000 Tonnen Bomben über Deutschland abgeworfen worden, – u. diese Zahl kann bei günstigerem Wetter noch gesteigert werden. Wir haben im November ja kaum einen klaren Tag gehabt. – Was wird aber werden? Ueberall wird der Kommunismus lebendig. Erst in Brüssel, jetzt noch viel stärker in Athen, wo in den Straßen gekämpft wird u. die Engländer gezwungen sind, in die Kämpfe einzugreifen wegen der Gefährdung der Sicherheit des Nachschubs. Wird das ohne Konflikt mit Moskau abgehen? –

     Heute habe ich den Bürgersteig von unseren Grundstücken in Ordnung gebracht, der kaum noch passierbar war. Das Heranschleppen von Sand hat mich sehr angestrengt, ich bin ganz kaputt davon.

     Abends Richard mit Schweinefleisch, Speck.

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1944-12-02. , 1944, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-12-04_001.jpg&oldid=- (Version vom 23.10.2024)