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Seite:HansBrassTagebuch 1944-12-28 001.jpg

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kaum besser geworden sein dürfte. Die Kämpfe scheinen mit großer Erbitterung geführt zu werden u. sind wohl für beide Teile sehr verlustreich, – es fragt sich nur, welcher Teil Verluste leichter verschmerzen kann. – In Ungarn haben die Russen neu angegriffen u. haben Stuhlweissenburg erobert.

     Heute rief Kurt an. Er hat Urlaub zur Taufe seines vor einigen Tagen geborenen Kindes u. bat, daß Martha hinkäme. Die Taufe findet bei Pastor Karl-Ernst Wendt in Kasekow statt, wo das Kind auch geboren ist.

     Unsere West-Offensive ist jetzt durchgestoßen bis nach Rochefort, welches etwa 70 km. Luftlinie von der Deutschen Grenze entfernt liegt. Da die Flügel anscheinend immer noch nicht ausgeweitet sind, ist hier also ein beträchtlicher Schlauch entstanden, dessen Spitze auf Meuse gerichtet ist die noch etwa 30 km. westlich davon von Süden nach Norden fließt. Damit ist nun allerdings die Verbindung von Lüttich nach dem Süden unterbrochen, was aber nicht sehr schwer ins Gewicht fallen dürfte. Einen strategischen Vorteil für uns kann ich darin aber immer noch nicht erkennen, er liegt wohl nur darin, daß die Amerikaner ihre Materialschlachten bei Aachen u. im Saargebiet aufzugeben gezwungen wurden.

Donnerstag, 28. Dezember 1944.     

     Gestern Nachmittag waren Herr + Frau Meisner hier. Belanglos. – Vormittags Dr. Müller-Bardey, den wir um Rat fragten, wie Paul von Schneidemühl loskommen könnte. Er wußte auch nichts Besseres, als daß Paul nach Rostock zu Prof. Curschmann fahren u. sich von ihm untersuchen lassen sollte. Hierfür hatten wir so wie so schon Schritte unternommen. Seeberg hatte Curschm. deshalb angerufen, u. so wird er morgen nach Rostock fahren. – Abends kam der Gefr. Maaß, um sich zu verabschieden, er fährt heute nach Kiel, wo er seine neue Anstellung als Studienrat für Luftwaffenhelfer antreten wird. Wir bedauern, diesen angenehmen Mann zu verlieren, aber für ihn ist es natürlich sehr schön.

     Kurt hatte angerufen u. gebeten, daß Martha nach Blumberg kommen solle zur Taufe seines Kindes. Marta war sehr schwankend; aber die Schwierigkeiten einer solchen Reise sind so groß, daß sie sich nun doch entschlossen hat, nicht hinzufahren. Sie hat heute morgen abgeschrieben. – Gott sei Dank!

     Heute Morgen kam Frau König: ihre Tochter Ilse Schuster ist schwer erkältet, 40° Fieber u. Lungenstiche. Sie hat vor Weihnachten in der BuStu. viel geholfen u. wird sich in der eisigen Kälte dort die Sache geholt haben. Martha hat eben Dr. Meyer angerufen u. ist eben selbst hingegangen.

     Die West-Offensive scheint sich nun langsam festzufahren. Unsere Angriffsspitzen sollen bis zu 6 km. an die Maaß herangekommen sein, aber es ist bisher nicht gelungen, die Flanken auszuweiten. Da die Amerikaner an diesen Flanken offenbar sehr starke Kräfte massiert haben, dürfte eine Ausweitung nun auch kaum mehr möglich sein u. damit ist das ganze Unternehmen zum Scheitern verurteilt. Die Amerikaner scheinen besonders an der Südflanke zu starken Gegenangriffen übergegangen zu sein u. haben kleine Bodengewinne gemacht. –

     Budapest ist jetzt völlig eingeschlossen.

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1944-12-26. , 1944, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-12-28_001.jpg&oldid=- (Version vom 24.10.2024)