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Seite:HansBrassTagebuch 1945-03-25 001.jpg

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amerikan. Verbände den Rhein in Sturmbooten überquert, zu gleicher Zeit sind starke Verbände von Luftlandetruppen im Raume östlich Wesel niedergegangen. Ein ungemein starkes Luftbombardement ist voraufgegangen.

     Die andere Ueberquerung scheint im Raume westlich von Darmstadt vor sich gegangen zu sein, sie hat zunächst überhaupt keine Gegenwehr gefunden.

Palmsonntag, 25. März 1945.     

     Gestern Nachricht von Pfr. Dobczynski, – ein rührender Brief. Er trauert, weil er gerade jetzt in diesen schweren Wochen nicht allen ganz nahe sein kann. Er teilt mit, daß er vorhabe, am Donnerstag nach Ostern in der evang. Kirche zu Prerow das hl. Meßopfer zu feiern. Der Lic. Pleß hat die Kirche dafür zur Verfügung gestellt. Um 8 Uhr würde dann Beichtgelegenheit sein, um 9 Uhr feierl. Hochamt. Mehr kann er nicht leisten. Die tägl. Anforderungen, die an den kranken Mann gestellt werden, sind sehr groß. Selbst Werktags ist die Kirche fast voll, wochentags 60 – 70 Kommunikanten täglich, sonntags hält er 3 – 4 Gottesdienste, um 10 Uhr so voll, daß kaum die Türen geschlossen werden können, 120 – 150 Kommunikanten. Sonntags ist er fast durchgehends in der Kirche. Am Passionssonntag waren noch außerdem 10 Taufen. In den Gottesdienstpausen ist er im Beichtstuhl oder an der Kommunionbank. Werktags ist das Pfarrhaus wie ein Taubenschlag. Seine Schwester u. Schw. Maria sind ebenfalls entsprechend überanstrengt. Er schreibt: „Alles vermag ich in dem, der mich stärkt.“

     Die Andacht heute bei uns war ebenfalls zum brechen voll. Es war überaus schön, ich hatte das Gefühl, daß der Hl. Geist buchstäblich das Zimmer füllte.

     Martha war gestern auf Spangenbergs Lastwagen, nach Wustrow zu Frau Dr. Umnus gefahren. Da sie ihn zur Rückkehr verpaßte, mußte sie zu Fuß zurückkommen. Sie kam erst kurz vor 10 Uhr, ich war bereits zu Bett gegangen. Zugleich hörte man Motorengeräusch, das ich für ein Auto hielt, denn es klang ganz anders wie das gewöhnl. Geräusch von Flugmaschinen. Bald darauf gab es sechs schwere Detonationen. Vom Fenster aus sah man Leuchtbomben in Richtung Ribnitz. Etwas später kam ein Flugzeug im Tiefflug dicht über unser Haus. Heute morgen wurde bekannt, daß dem Fliegerhorst Putnitz der Angriff gegolten hatte. Der Angriff erfolgte ohne Warnung, ganz überraschend. Man glaubt, daß es russische Flugzeuge waren. Es gab keinerlei Abwehr.

     Heute früh schickte uns Dr. Krappmann den Mehliss u. den Dachdecker mit Dachpappe, um das Dach der Bu. Stu. reparieren zu lassen.

Montag, 26. März 1945     

     Gestern war großer Abschiedstag. Zuerst kam am Nachmittag Frl. Sabine Klein, die den abenteuerlichen Plan hat, mit dem Rade u. wenn es geht per Bahn nach dem Bodensee zu fahren u. dort nach der Schweiz weiterzukommen, wo ein guter Freund ihres Vaters auf sie wartet. Von dort will sie dann nach Amerika zu ihrem Vater, der

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Hans Brass: TBHB 1945-03-24. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-03-25_001.jpg&oldid=- (Version vom 5.9.2024)