TBHB 1945-03-24
Einführung
Der Artikel TBHB 1945-03-24 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 24. März 1945. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.
Tagebuchauszüge
[1] Die Amerikaner haben an einer neuen Stelle den Rhein überschritten, doch sagen sie nicht, wo das geschehen ist. Hoffentlich nicht im Süden, wo Fritz ist. Sie sagen, daß die Ueberschreitung ohne jede Verluste durchgeführt worden sei u. die Deutschen keinen Widerstand geleistet hätten; das macht ganz den Eindruck, als sei es in Fritzens Gegend. Nach den Bemerkungen, die er über seine Einheit gemacht hat, kann man das wohl annehmen.
Eisenhower erläßt jetzt täglich Bekanntmachungen an die rechtsrheinische Bevölkerung u. fordert sie zur sofortigen Flucht auf. Früher hat er der linksrheinischen Bevölkerung stets angeraten, nicht zu fliehen, sondern sich in Kellern u. Bunkern in Sicherheit zu bringen. Jetzt tut er das Gegenteil, der Grund dazu liegt vielleicht in den Verwendung der neuen 10 Tonnen-Bomben, gegen die Keller u. Bunker keinen Schutz bieten. Jedenfalls steht nun also die Offensive unmittelbar bevor u. sie wird wohl mit noch nie dagewesener Wucht erfolgen.
Gestern Abend war die jüngere Schwester von Frau Ribinsky mit den beiden ältesten Buben der Frau R. zum Rosenkranzgebet bei uns. Eine sehr nette u. ordentliche Frau. Sie sagte mir, daß in Allenstein etwa 70% der Einwohner dort geblieben seien. Von russischen Greueltaten wußte sie nichts Positives zu berichten.
Heute wieder prachtvolles Wetter. Am Vormittag einen Stachelbeer-Strauch im Hintergarten ausgegraben, der sich dort selbst ausgesät haben muß u. ein kümmerliches Dasein im Dünensand fristete. Ich habe fünf junge Sträucher daraus gemacht u. sie vor das kleine Haus beim Apfelbaum gepflanzt.
Herr v. d. Knesebeck, der Bruder von Frau Garthe, machte heute Vormittag Besuch. Er ist aus Gleiwitz u. macht einen recht kranken Eindruck. Belangloser Mann.
Mittags: Soeben wird bekannt, daß die große Offensive über den Rhein im Raume Wesel heute früh begonnen hat. Es haben starke englische, kanadische u. [2] amerikan. Verbände den Rhein in Sturmbooten überquert, zu gleicher Zeit sind starke Verbände von Luftlandetruppen im Raume östlich Wesel niedergegangen. Ein ungemein starkes Luftbombardement ist voraufgegangen.
Die andere Ueberquerung scheint im Raume westlich von Darmstadt vor sich gegangen zu sein, sie hat zunächst überhaupt keine Gegenwehr gefunden.