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Seite:HansBrassTagebuch 1945-04-13 001.jpg

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blieb Frau Pastor Kumpf stehen u. brach in großes Wehklagen aus über die Ereignisse. Ich habe ihr geantwortet, daß es zum Klagen jetzt zu spät wäre. Sie hätte das alles früher bedenken müssen, anstatt Hitler zu wählen u. ihre Söhne in die SS zu stecken. Sie fragte, ob ich denn hier bliebe? Ich antwortete: natürlich bleibe ich hier; aber Sie als Nazi laufen natürlich davon, nachdem Sie uns in diesen Dreck gebracht haben. Wir müssen jetzt alle diese Suppe auslöffeln, die Sie uns eingebrockt haben, – u. wir klagen darüber nicht einmal; aber Sie klagen nun um so mehr! –

     Ueber Mittag gab es kurze Zeit Strom, sodaß ich Nachrichten hören konnte. Im Westen ist ein gewaltiger Vorstoß geschehen, die Anglo-Amerikaner stehen bereits vor Magdeburg u. Halle, Braunschweig hatten sie im Süden umgangen u. dann genommen. Auch Coburg ist genommen. Die Russen haben Wien jetzt fast vollständig erobert. – So ist es denn kein Wunder, daß wir keinen Strom haben. Hoffentlich wird das sächsische Revier rasch besetzt, dann werden wir wieder Strom haben.

     Frau Korsch war hier u. holte sich das Manuscribt meiner Rede zur Beerdigung von Frau Kraus. Sie will es auf der Maschine abschreiben, damit die drei Schwestern je ein Exemplar bekommen können. Sie erzählte, daß sie gestern Abend noch mit ihrem Mann telephoniert hätte, der gesagt habe, seine Treuhand-Gesellschaft, bei der er angestellt ist, sei in Auflösung begriffen, alle Herren hätten die Erlaubnis erhalten, sofort Bln. zu verlassen, doch er, Dr. K. selbst, wolle noch dort bleiben. Es seien sehr erhebliche Veränderungen der Lage zu verzeichnen, über die er aber telephon. nicht sprechen könne. Er hat demnach also gestern Abend schon gewußt, was ich erst heute weiß. Es wird schon so kommen, wie ich schon früher gesagt habe, daß die Anglo-Amerikaner früher in Berlin sein werden, als die Russen.

Freitag, 13. April 1945.     

     Heute früh gab es Strom, aber um 8 Uhr wurde wieder ausgeschaltet. – Himmler hat den Kommandanten von Königsberg, einen General Lasch, durch ein Standgericht in Abwesenheit zum Tode durch den Strang verurteilen lassen, weil er Königsberg übergeben hat. Diese Halunken lassen jetzt, wo es um ihr Ende geht, jede Scham fallen. Selbstverständlich werden gegen die Familie des Generals alle Repressalien angewendet werden. Je länger es noch dauert, um so mehr entlarven sich diese Halunken als das was sie sind u. immer gewesen sind: kriminelle Verbrecher in einem Ausmaß, wie sie noch nie in der Welt gewesen sind. Ich möchte nur wünschen, daß dann, wenn man diese Schufte vor Gericht stellen wird, auch deutsche Ankläger zugelassen werden u. daß sie alle samt vor Gericht als das behandelt werden, was sie wirklich sind, als Verbrecher u. Massenmörder. –

     Martha will heute morgen am Rundfunk gehört haben, daß Roosevelt an einer Gehirn-Embolie plötzlich gestorben wäre. Da sie nie genau hinhört u. die Sachen leicht durcheinanderbringt, – sie sprach von einem „Feldmarschall u. Admiral“ Roosevelt, – habe ich der Sache kein Gewicht beigelegt. Eben kommt jedoch Trude von Hause

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Hans Brass: TBHB 1945-04-12. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-04-13_001.jpg&oldid=- (Version vom 19.8.2024)