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TBHB 1945-04-12

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1945-04-12
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Entstehungsdatum: 1945
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Originaltitel: Donnerstag, 12. April 1945
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 12. April 1945
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Einführung

Der Artikel TBHB 1945-04-12 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 12. April 1945. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Donnerstag, 12. April 1945     

[1]      Heute ist wiederum kein Strom. Gestern hatten wir nur morgens von 7 – 9 Uhr Strom. Es ist nun schon so der dritte Tag. Der Erfolg ist, daß die ganze Milch, die die Bauern in der Molkerei abliefern müssen, verdirbt u. daß es keine Butter gibt. Ebenso kann der Schlachter keine Wurst machen, der Frisör kann keine Haare schneiden. So ist es in unserem kleinen Dorf, wie mag es erst in der Stadt sein.

     Gestern Abend war der Mittwoch-Vortrag wieder sehr anregend. Herr Dr. Hahn, der jetzt hier bei seiner Frau ist, nachdem seine Ausweich-Dienststelle im Besitz der Amerikaner ist, bat, zuhören zu dürfen. Er blieb nach dem Vortrag noch mit Frau Müller-Bardey da u. stellte einige Fragen, die nicht dumm waren, aber doch erkennen ließen, daß er vom christl. Glaubensgut eine nur unvollkommene Vorstellung hat. Er ist sonst ein recht intelligenter u. anscheinend vielseitig gebildeter Mann.

     Gestern Nachmittag war Frau Longard da, um zum Geburtstag der Frau Garthe etwas zu bekommen. Sie war wieder sehr amüsant u. sprach mit großer Anerkennung von der Beerdigung der Frau Kraus. Sowohl meine Ansprache, wie überhaupt die Art, wie ich das gemacht hatte, hat ihr sehr gefallen.

     Heute morgen bei prächtigem Wetter im Garten das letzte Laub von der Straße im Rhabarber-Beet eingegraben u. nachher mit Paul die letzten schweren Buchenkloben, die wir kürzlich bekamen, nach hinten geschleppt. Holz haben wir nun sehr reichlich, es muß nun bloß gesägt u. gehackt werden. Am Gartenzaun [2] blieb Frau Pastor Kumpf stehen u. brach in großes Wehklagen aus über die Ereignisse. Ich habe ihr geantwortet, daß es zum Klagen jetzt zu spät wäre. Sie hätte das alles früher bedenken müssen, anstatt Hitler zu wählen u. ihre Söhne in die SS zu stecken. Sie fragte, ob ich denn hier bliebe? Ich antwortete: natürlich bleibe ich hier; aber Sie als Nazi laufen natürlich davon, nachdem Sie uns in diesen Dreck gebracht haben. Wir müssen jetzt alle diese Suppe auslöffeln, die Sie uns eingebrockt haben, – u. wir klagen darüber nicht einmal; aber Sie klagen nun um so mehr! –

     Ueber Mittag gab es kurze Zeit Strom, sodaß ich Nachrichten hören konnte. Im Westen ist ein gewaltiger Vorstoß geschehen, die Anglo-Amerikaner stehen bereits vor Magdeburg u. Halle, Braunschweig hatten sie im Süden umgangen u. dann genommen. Auch Coburg ist genommen. Die Russen haben Wien jetzt fast vollständig erobert. – So ist es denn kein Wunder, daß wir keinen Strom haben. Hoffentlich wird das sächsische Revier rasch besetzt, dann werden wir wieder Strom haben.

     Frau Korsch war hier u. holte sich das Manuscribt meiner Rede zur Beerdigung von Frau Kraus. Sie will es auf der Maschine abschreiben, damit die drei Schwestern je ein Exemplar bekommen können. Sie erzählte, daß sie gestern Abend noch mit ihrem Mann telephoniert hätte, der gesagt habe, seine Treuhand-Gesellschaft, bei der er angestellt ist, sei in Auflösung begriffen, alle Herren hätten die Erlaubnis erhalten, sofort Bln. zu verlassen, doch er, Dr. K. selbst, wolle noch dort bleiben. Es seien sehr erhebliche Veränderungen der Lage zu verzeichnen, über die er aber telephon. nicht sprechen könne. Er hat demnach also gestern Abend schon gewußt, was ich erst heute weiß. Es wird schon so kommen, wie ich schon früher gesagt habe, daß die Anglo-Amerikaner früher in Berlin sein werden, als die Russen.