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Seite:HansBrassTagebuch 1945-05-01 005.jpg

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Garrage von Mc Dornan gebracht werden könne. Wir gaben ihm den Autoschlüssel. Ich fürchte sehr, daß die Leute sich des Autos zur Flucht bemächtigen werden. –

Nachmittags 3 Uhr.

     Die SS fuhr Mittags mit Autos, Kübelwagen u. Lastwagen hier durch. Vier Kübelwagen standen lange vor der BuStu., die Offiziere, die darin saßen, hatten ihre Frauen oder Weiber mit sich. Die Lastwagen vollgepackt mit Mannschaften u. Weibern. Eines der Autos fuhr später wieder zurück, während die anderen Richtung Ribnitz weiterfuhren. Dieser eine Wagen ist eben wieder gekommen u. steht wieder vor der BuStu. Man hat nie geahnt, daß im Darss so viel SS steckt. Auch zu Fuß u. per Rad zogen Soldaten vorbei, manche mit kleinen Wagen, die aus alten Fahrrädern zurecht gemacht waren, denn alle schleppten viel Gepäck. Auch der Treck von Brandt, der nebenan im Hause Dohna gewohnt hatte, ist abgehauen mit zwei großen Lastwagen mit Zugmaschinen davor u. einer Kutsche mit seinen zwei Pferden. – Es war irgendwoher gesagt worden, daß die Kanonen der Batterie um 12 Uhr mittags zerstört werden sollten, ob es geschehen ist, weiß ich nicht.

     Eben aber kommt Agnes Borchers sehr aufgeregt von Bernh. Saatmann herüber u. gleich darauf Frau Daubenspeck noch viel aufgeregter. Sie erzählten, es sei bei Bernh. S. ein Zollbeamter gewesen, der berichtet hat, daß die Russen z. Zt. in Marlow seien u. daß die Batterie den Befehl bekommen habe, sich selbst zu verteidigen. Er habe gesagt: „Das hat euch grade noch gefehlt!“ – Nun, ich habe den beiden gesagt, sie sollten nicht auf jedes Geschwätz hören u. sich nicht überflüssig aufregen. – Herr Soehlke war Mittags auf der Straße u. sagte mir, daß zufällig ein neuer Marine-Oberlt. bei der Batterie sei, der hier dienstlich zu tun gehabt hat u. nicht wieder weggekommen ist. Dieser ist dienstälter als der Oblt. Quast, welcher jetzt die Batterie führt u. er soll ein verständiger Mann sein, der geäußert hat, er garantiere dafür, daß die Batterie keinen Schuß abgeben werde.

     Um 4 Uhr nachm. fahren immer noch hoch bepackte Lastwagen, anscheinend zur Flag in Zingst gehörend, durch den Ort, ebenso immer noch Kübelwagen der SS, auch ein großer, schnittiger u. sehr eleganter Personenwagen mit höheren Offizieren. Flag-Offiziere u. Soldaten gehen bescheiden zu Fuß, die Soldaten allerdings in übler Form, teilweise haben sie sich Zivil besorgt. Viele übel aussehende Weiber sind dabei. Frl. Reg. Treffer war bei Martha. Sie geht mit einer Kollegin zu Fuß nach Warnemünde, denn alle Helferinnen sind entlassen worden. Die Soldaten sind jedoch noch nicht entlassen.

Nachm. 6 Uhr.

     Mehlis war wieder da u. berichtete, daß der junge Kapitänlt. Wegener das Kommando übernommen habe. Er habe die Soldaten antreten lassen u. eine Rede gehalten, daß sie doch deutsche Soldaten seien u. das Vaterland lieben müßten u. was dergl. Phrasen mehr sind, – u. daß sie sich eben verteidigen müßten, wenn die Russen kämen. – Die Soldaten sind einschließlich der Unteroffiziere + Feldwebel außer sich vor Wut u. wollen alles tun, um einen Schießbefehl zu sabotieren. Er verriet mir, daß die Absicht bestünde, die Schlagbolzen ins Meer zu werfen. Man wird nun abwarten müssen u. hoffen müssen, daß dieser Narr irgendwie zur Vernunft kommt, bzw. daß ihn endlich ein Befehl seiner vorgesetzten Dienststelle erreicht, die Waffen niederzulegen. – Mehlis sagte, daß der ganze Darss noch voller Lastwagen stecke, die nach u. nach von Raupenschleppern herausgeholt werden müssen. Die Soldaten der Batterie sind natürlich wütend, denn

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Hans Brass: TBHB 1945-05-01. , 1945, Seite 005. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-05-01_005.jpg&oldid=- (Version vom 24.8.2024)