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Seite:HansBrassTagebuch 1946-05-07 001.jpg

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jetzt schon viele Feinde in Rostock. Gegen 6 Uhr sah ich den Herren abfahren in zwei Autos, einer großen Limousine für 6 Personen u. einem kleinen Wagen für 2 Personen, in dem eine Dame saß. Es wird wohl das Auto des Herrn Pastor Kleinschmidt, des Kommunisten, gewesen sein. Alle diese Leute leben von den Steuern der Mitbürger u. den Mitgliedsbeiträgen des Kulturbundes einen guten Tag, indessen das Volk hungert. Ich werde mich hüten, mit diesen Leuten etwas zu tun zu haben.

     Abends war noch Ilse Schuster da u. sah meine Bilder an. Sie war der Meinung, daß meine Bilder das größte Interesse der Kunstkreise in Magdeburg finden würden u. sie will dort entsprechend berichten. Aber was werden in Magdeburg schon für Kunstkreise sein? Vielleicht fünf oder sechs anständige Maler, – wenn es hoch kommt! – Ich sagte ihr, daß ich vorerst kein sehr großes Interesse an einer Ausstellung hätte. Dieser ganze Betrieb ist nicht sehr einladend. – Immerhin scheint der Kulturbund nach dem, was Ilse Schuster berichtet, in Magdeburg nicht so korrupt zu sein wie in Rostock, wo die Korruption unter der Leitung des Herrn v. Achenbach sehr bald beträchtliche Ausmaße annehmen dürfte.

Dienstag, 7. Mai 1946.     

     Gestern habe ich die Arbeit an der Himmelskönigin wieder aufgenommen. Es ist immer schwer, in eine Arbeit wieder reinzukommen, die man eine Zeit lang unterbrochen hat; aber ich kam ganz gut vorwärts. Das Bild wird nicht leicht werden.

     Heute bekamen wir einen Brief von Fritz vom 1. Mai aus dem Durchgangslager Erfurt. Er hat viele Schwierigkeiten zu überwinden, der arme Kerl, bis her heimkommt.

     Gegen Abend kam Herr Kreuzberg, der allein hier ist u. bei Achenbach wohnt. Er will zwei Tage hier aquarellieren. Er ist doch noch Geschäftsführer der Sektion; aber die Situation ist schwierig u. mit viel Aerger verbunden. Er ist ein sehr zurückhaltender Mensch u. erzählt nicht viel, sodaß man die Dinge mehr erraten muß. Vielleicht wird er morgen nach dem Abendessen noch einmal kommen u. dann vielleicht etwas mehr auftauen

Donnerstag, 9. Mai 1946.     

     Der Vorrat meiner Zigaretten, der den ganzen letzten Teil des Krieges u. das Jahr danach gereicht hat, ist nun am Ende u. damit wird es nun ernst mit der Forderung, sich das Rauchen abzugewöhnen. Ich habe schon sehr oft den Versuch dazu unternommen, aber so lange ich Cigaretten besaß, war ich zu schwach, mich freiwillig des Rauchens zu enthalten. – Nachdem nun aber der Vorrat zu Ende geht, bleibt nichts anderes übrig. In der Hoffnung mir die Abgewöhnung zu erleichtern, begann ich am Dienstag eine Novene zum hl. Joseph mit der Bitte um Hilfe u. Beistand. – Martha, die nichts davon weiß, fing merkwürdigerweise an diesem Dienstag beim Kaffee an, davon zu sprechen, daß sie mit Cigaretten allerhand tauschen könne, vor allem Butter. Ich bot ihr den Rest meiner Cigaretten, 120 Stück, an. Sie war sehr erstaunt. Ich sagte, daß die Cigaretten nun doch alle wären u. da sei es egal, ob ich einige Tage früher oder später aufhören müsse mit rauchen. – Das war also die erste, prompte Wirkung der Novene. Sonst aber kann ich nicht finden, daß der hl. Joseph mir die Entbehrung erleichtert.

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1946-05-05. , 1946, Seite 003. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-05-07_001.jpg&oldid=- (Version vom 9.10.2024)