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TBHB 1946-05-05

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1946-05-05
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Entstehungsdatum: 1946
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Originaltitel: Sonntag, 5. Mai 1946.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 5. Mai 1946
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Einführung

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Der Artikel TBHB 1946-05-05 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 5. Mai 1946. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über drei Seiten.

Tagebuchauszüge

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[1]
Sonntag, 5. Mai 1946.     

[1]      Schönes Frühstück mit Bohnenkaffee, der zwar nach Mottenkamfer schmeckt, aber doch die Lebensgeister aufmöbelt, ein Ei u. Butterbrot, u. alles in Gemächlichkeit hier unten in meinem Zimmer, da wir heute die Andacht ausfallen ließen, denn es war ja in dieser Woche reichlich Gottesdienst. Gesundheitlich geht es mir auch gut, die neue Euvernilkur bekommt mir ausgezeichnet.

     Gestern bekamen wir eine Karte von Otto Wendt, der uns mitteilte, daß er Fritz erwartet. Er fährt also über Hamburg u. muß jeden Tag hier eintreffen, denn Ottos Karte war schon vom Mittwoch vor acht Tagen.

     In der „Täglichen Rundschau“, diesem russischen Propagandablatt u. kommunistischen Hetzblatt steht ein Artikel von „Oberregierungsrat Venzmer“, indem mit lehrerhafter Pedanterie u. Arroganz den Künstlern Anweisungen gegeben werden, wie u. was sie zu machen haben. Dieser ehemalige, in Schwerin lebende Zeichenlehrer ist Präsident der Sektion für bildende Kunst im Kulturbunde. Er sitzt eben in Schwerin, wo es sonst keine Künstler gibt, u. so ist er dieser Präsident geworden, u. jetzt ist er Oberregierungsrat. Es ist wahrhaftig eine Affenschande.

     Gestern Abend besuchte uns Ilse Schuster, die aus Magdeburg für einige Tage hier ist. Sie wird jetzt ebenfalls dort im Kulturbund eine Stellung bekleiden u. sie erzählte von diesem Kulturbund, der immerhin wenigstens einige beachtenswerte Mitglieder hat, die auch offenbar etwas zu sagen haben, während hier in Mecklenburg alle naturhaften Künstler sich zurückhalten. Im übrigen ist auch dort alle Arbeit ohne Sinn, denn Magdeburg ist eine absolute Trümmerstadt u. für kulturelle Bestrebungen ist garkein Raum. Frau Sch. möchte gern, daß ich dort eine Ausstellung mache, da der Vorsitzende dort meinen Namen kennt u. gern bereit ist, eine Sonderausstellung zu machen; aber ich fürchte mich davor. [2] Es ist alles so unsagbar sinnlos. Die Lebensbedingungen in dieser Stadt sind furchtbar. Alles sitzt dicht gedrängt in den wenigen Wohnräumen, die verblieben sind u. die durch die russische Besatzung noch weiter verringert werden. Die Russen haben ganze Straßenzüge, die noch unbeschädigt sind, für sich beschlagnahmt. Solche Straßen dürfen von Deutschen nicht betreten werden. Die Russen haben Frauen u. Kinder kommen lassen u. haben sich häuslich eingerichtet. Die Bolschewisten-Frauen führen ein Faulenzerleben wie alle Russen, sie haben deutsche Dienstmädchen, die die Arbeit tun, während die Bolschewiken ein regelrechtes Bourgois=Dasein führen. Das ist die Rache: diese Bolschewisten werden allesamt für den Kommunismus verdorben.

     Auch in Magdeburg haben die Russen die gesamte Industrie ausgeplündert u. nach Rußland verschleppt, es ist so gut wie nichts dort geblieben. Die Bevölkerung wird vorläufig noch mit Wegräumen des Schutts beschäftigt, wenn diese Arbeit einmal getan sein wird, was freilich noch sehr lange dauern wird, dann wird es keinerlei Beschäftigung mehr geben u. dann erst wird die Katastrophe sich auswirken. – Auch in Ribnitz wird momentan das Werk von Bachmann abmontiert u. nach Rußland verfrachtet, alle arbeitsfähigen Männer hier sind zu dieser Arbeit dorthin dienstverpflichtet. So wie hier ist es überall, vor allem in der Provinz Sachsen im Industriegebiet. Es wird so werden, wie schon früher gesagt worden ist: Deutschland wird ein großer Kartoffelacker.

     Eben, 11 Uhr, ein Telegramm von Fritz. Demnach ist er von Königslutter, wo er bei Klaus war, nach Bebra gelangt, von dort nach Eisenach u. befindet sich jetzt, d.h. am 4. Mai in Erfurt, wo er das Telegramm aufgegeben hat. Er wird von dort, „in wenigen Tagen“ nach Lüdersdorf bei Schwerin kommen, wo er 14 Tage in Quarantäne bleiben muß. Demnach können wir ihn also keinesfalls vor drei Wochen erwarten. –

     Ein sehr netter Brief von Elisabeth Thiel aus Doberan.

     An Else geschrieben über Glaubensdinge als Antwort auf ihren letzten Brief.

     Es waren heute mehrere Herren vom Kulturbund aus Rostock hier mit zwei Autos, natürlich Herr v. Achenbach u. ein evang. Pastor Kleinschmidt mit seiner Frau, der sich im Kulturbund oft aufspielt u. sich den Anschein gibt, Kommunist zu sein. Ich kenne ihn persönlich nicht. Frau Dross ist zu Herrn v. A. gegangen, als sie hörte, daß er hier wäre, um sich zu beklagen, daß ein Bild von ihr auf dem Transport vom Kulturbunde nach hier verloren gegangen sei. Frau v. A. hat versucht, der Frau Dross den Eintritt zu verwehren, da die Herren angeblich eine sehr wichtige Konferenz hätten, aber impertinent wie Frau D. ist, hat sie sich nicht abspeisen lassen u. hat wenigstens festgestellt, daß alle Herren zu einem üppigen Mahle versammelt waren, dessen Duft ohnedies das ganze Haus erfüllte, daß es Alkohol u. Cigarren gab u. daß alle sehr fröhlich waren. Ich glaube es schon. Diese Herren leben allesamt einen sehr guten Tag u. essen auf, was anderen entzogen wird. Kommunismus! – Aber ich denke, daß diesen Herrn v. A. sein Schicksal wohl bald erreichen wird, denn er hat wegen seiner eitlen Arroganz [3] jetzt schon viele Feinde in Rostock. Gegen 6 Uhr sah ich den Herren abfahren in zwei Autos, einer großen Limousine für 6 Personen u. einem kleinen Wagen für 2 Personen, in dem eine Dame saß. Es wird wohl das Auto des Herrn Pastor Kleinschmidt, des Kommunisten, gewesen sein. Alle diese Leute leben von den Steuern der Mitbürger u. den Mitgliedsbeiträgen des Kulturbundes einen guten Tag, indessen das Volk hungert. Ich werde mich hüten, mit diesen Leuten etwas zu tun zu haben.

     Abends war noch Ilse Schuster da u. sah meine Bilder an. Sie war der Meinung, daß meine Bilder das größte Interesse der Kunstkreise in Magdeburg finden würden u. sie will dort entsprechend berichten. Aber was werden in Magdeburg schon für Kunstkreise sein? Vielleicht fünf oder sechs anständige Maler, – wenn es hoch kommt! – Ich sagte ihr, daß ich vorerst kein sehr großes Interesse an einer Ausstellung hätte. Dieser ganze Betrieb ist nicht sehr einladend. – Immerhin scheint der Kulturbund nach dem, was Ilse Schuster berichtet, in Magdeburg nicht so korrupt zu sein wie in Rostock, wo die Korruption unter der Leitung des Herrn v. Achenbach sehr bald beträchtliche Ausmaße annehmen dürfte.