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Seite:HansBrassTagebuch 1946-05-23 001.jpg

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Geschwätz des Banausentums. Ob dabei auch ein materieller Erfolg erzielt werden kann, steht dahin u. es ist mir das auch ziemlich gleichgültig. Es kommt mir nur darauf an, einen kleinen Kreis von Leuten zu finden, die sich interessieren u. dann weiter arbeiten. Ich selbst werde ja kaum noch viel tun. Es ist möglich, daß ich noch einige hübsche Bilder malen werde, aber wohl kaum noch etwas Neues. Ich habe das Gefühl, daß ich mit dem Christkönig u. der Himmelskönigin alles gesagt habe, was ich zu sagen hatte. Auch sonst erübrigt sich nun meine weitere Mitarbeit in den Belangen des irdischen Lebens, seitdem Fritz wieder da ist u. in eifriger u. sehr verständiger Weise die Interessen des Geschäftes wahrnimmt u. für Martha sorgt. Er war gestern in Ribnitz u. hat in ausgezeichneter Weise mit dem Wirtschaftsamt u. anderen maßgebenden Stellen verhandelt, sodaß die Behörden am Gedeihen unseres Geschäftes interessiert werden. Daran hat es in diesem ganzen ersten Nachkriegsjahr gefehlt, denn ich selbst konnte es nicht mehr.

     Obwohl es mir gesundheitlich ganz gut geht, habe ich doch das Gefühl, daß ich es nicht mehr sehr lange in diesem irdischen Leben treiben werde. Ich habe körperlich in dieser letzten Zeit zwar sehr erfreulich zugenommen, aber dennoch bin ich leicht müde u. kann nicht viel leisten. Es ist auch noch keineswegs so, daß alle Krankheitssymptome vorbei wären. Es besteht immer noch ein gewisser Urindrang, der Urin sieht sehr trübe aus u. ist auffällig schaumig, sodaß ich annehme, daß viel Einweiß darin ist. Aber vielleicht gibt sich das auch noch, wenn ich noch einmal eine Euvernilkur mache. Fritz hat mir diese Tabletten noch einmal mitgebracht von Klaus. Ich will in Juni die Kur noch einmal wiederholen.

Donnerstag, 23. Mai 1946.     

     Gestern Nachmittag war der Maler Holst aus Wustrow u. seine Frau, die ebenfalls Malerin ist u. unter ihrem Mädchennamen Sommer als Künstlerin einen gewissen Ruf genießt, bei mir, um meine Bilder zu sehen. Koch-Gotha hatte sie wieder neugierig gemacht. Der Christkönig machte den weitaus stärksten Eindruck auf sie. Frau Holst=Sommer ist eine sehr energische, zielbewußte Frau, – als Frau nicht grade sehr fraulich, aber als Künstlerin doch recht beachtlich. Das Einzige, was ich ihr vorzuwerfen habe, ist, daß sie sich mit diesem eitlen Dummkopf von Mann eingelassen u. ihn geheiratet hat. Er hat, solange wir vorher Kaffee tranken, pausenlos von sich erzählt, von seinen Krankheiten u. Gebrechen, von seiner Tüchtigkeit u. Arbeit usw. Die Frau gab mir später einen guten Tipp zur Beschaffung von Bilderrahmen.

     Ich zeichnete gestern den ganzen Tag ein einem blühenden Zweig wilder Kirsche, ohne jedoch zu einem recht befriedigenden Resultat zu kommen.

Sonnabend, 25. Mai 1946.     

     Gestern an Klaus geschrieben als Antwort auf den Brief, den er Fritz an uns mitgegeben hatte u. der die Haltlosigkeit dieses Menschen in erschütternder Weise offenbart. Ich habe sehr ernst geschrieben u. ihn darauf hingewiesen, daß er Schuld über Schuld auf sich geladen habe, für die er einst Rechenschaft abzulegen habe. Sehr vieles, ja das Meiste ist überhaupt nicht mehr gut zu machen. Er hat seine Frau Irmingard, anstatt ihr Stütze u. Schutz zu sein, wirklich in verzweifelte Verhältnisse gebracht u. bei der törichten Art der Erziehung seiner beiden Jungens legt er jetzt schon den Grundstein für ein späteres, zerfahrenes u. fruchtloses Leben. Ich habe ihn sehr ernst ermahnt, endlich umzulernen, umzudenken u. Buße zu tun.

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1946-05-22. , 1946, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-05-23_001.jpg&oldid=- (Version vom 3.11.2024)