Geburtstagsfeier auf der Terrasse. Langweilig wie immer. Auch Frau Eitner war dabei, die morgen nach Berlin zurückfährt. Als sie gegangen waren kamen Herr u. Frau v. Steinäcker. Ihn hatte ich bis dahin noch nie kennen gelernt. Martha mußte leider zu Meisners, sodaß ich mit den beiden alten Leuten allein blieb. Ich zeigte ihnen einige meiner religiösen Bilder. Der alte Herr ist sehr lebhaft u. unterhaltend, anscheinend sehr sozialistisch eingestellt u. ein überzeugter Christ u. Pfarrer, der ein großes, silbernes Kreuz am Bande um den Hals trägt, wie es früher die Militärgeistlichen trugen. Auf der Straße trägt er das Kreuz unter dem zugeknöpften Rock, aber im Zimmer holte er es sofort heraus u. trug es zur Schau.
Regenwetter. – Vormittags noch die letzte Hand an das Lupinenbild gelegt, das nun sehr schön geworden ist, in der Farbe total anders, als meine sonstigen Bilder. Nachmittags die neue Leinewand für das Bildnis Dr. Tetzlaff aufgespannt u. grundiert. Ich habe nun doch noch ungefähr passende Keilrahmen zusammengefunden. Mit der Grundierfarbe aber ist es ein rechtes Kreuz, die Leinewand zog die Farbe nicht an, sodaß sie krümelig obenauf stehen blieb. Ich verdünnte mit Wasser, wodurch es besser wurde, aber dafür ist die Leinewand nun so porös, daß ich sie noch einmal grundieren muß. Ich hoffe, daß sie wenigstens beim zweiten Anstrich dicht wird. Diese Materialschwierigkeiten sind überaus lästig.
Heute war eine Preiskontrolle in der BuStu. Es war nach dem, was Martha erzählt, ein vernünftiger u. anständiger Herr aus Rostock, der keine wesentlichen Aussetzungen gemacht hat, sich vielmehr sehr anerkennend über den äußeren Eindruck des Geschäftes geäußert hat.
Ab 1. August hat der Dichter Johannes R. Becher im Hause Strohschnitter gemietet.
Von Herrn Genée bekamen wir einen Brief, wonach er gute Aussichten haben will, das Haus von Professor Reinmöller zu bekommen.
Am Abend grundierte ich die Leinewand nochmals, diesmal anscheinend mit gutem Erfolg.
Heute das Bild Dr. Tetzlaff angelegt, bin erst am Nachmittag damit fertig geworden. Das Bild verspricht sehr gut zu werden, etwas Besonderes; aber leider wird es wohl das letzte Bild sein für längere Zeit. Die Lupinen haben viel Weiß verschlungen, dieses Bild verschlingt noch mehr u. ich habe nun bloß noch eine Tube. Was ich dann machen soll, weiß ich nicht.
Der Ort scheint jetzt voll belegt zu sein. Es sind gestern wieder viele Gäste gekommen u. es sollen noch sehr viele Anmeldungen für August vorliegen. Für Dr. Lindner, der mit Fritz herkommen wollte, konnte schon kein Platz mehr gefunden werden u. Martha mußte ihm abtelegraphieren.
Hans Brass: TBHB 1946-07-14. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-07-15_001.jpg&oldid=- (Version vom 11.11.2024)