wirklich aufhängt, oder ob sie sie gut aufhängen wird. Ein solches Ansinnen ist wirklich zum Lachen. Der ganze Vorfall zeigt mir aber, daß meine Befürchtung nicht ohne Grund ist, daß dieser Mensch mir irgendwie in meine Sache gespuckt hat. Ich werde deshalb doch gleich an Dr. Gräbke – Rostock schreiben.
Vormittags an dem neuen Bilde gearbeitet.
Am Nachmittag kam Pastor Kleinschmidt aus Schwerin, der im Kulturbunde eine beachtliche Rolle spielt. Der Maler Heiling erzählte mir von ihm, daß Kleinschmidt vor 1933 Pastor in Thüringen u. Mitglied der SPD. gewesen ist. Er mußte dann den Nazis weichen u. wurde Conferenzier an einem Berliner Kabarett. Jetzt ist er wieder Pastor in Schwerin. Heiling sagte mir, daß er eine beachtliche Persönlichkeit sei u. ich war ziemlich neugierig auf ihn.
Er entpuppte sich nun als ein sehr gut u. gepflegt aussehender Mann von etwa 40 Jahren, der eine breite, ganz frische u. lange Wunde an der rechten Stirnseite hatte, die mit einer roten Salbe dick verschmiert war u. die von einem kürzlich gehabten Autounfall herrührte. In seiner Begleitung war eine sympatische junge blonde Dame. Er begrüßte mich sehr unbefangen u. bat, meine Bilder sehen zu dürfen. – Er war sehr beeindruckt u. wunderte sich, daß er bisher nie etwas von mir gehört hätte, nachdem er doch schon während des Frühjahrs alle Augenblicke in Ahrenshoop gewesen war. Er war stets in Gesellschaft von Herrn v. Achenbach u. Herrn Erichson gewesen, aber beide hatten nie meinen Namen genannt. – Nun wollte er natürlich meine Bilder nach Schwerin haben. Er hatte gehört, daß dieselben in Rostock ausgestellt werden sollten u. er wollte nun den Rostockern diese Ausstellung abjagen. Ich sagte ihm, daß der Stadtrat Matern mir sehr entgegengekommen wäre u. ich infolge dessen auf keinen Fall die Rostocker enttäuschen wolle, ich versprach ihm aber, die Bilder nach Rostock auch in Schwerin zu zeigen. Jedenfalls war zwischen mir u. ihm rasch ein guter Kontakt vorhanden, der Mann ist wirklich irgendwie bemerkenswert, ohne daß ich ihn bis jetzt näher beurteilen kann. Der Kampf um meine Bilder scheint jedenfalls auf der ganzen Linie entbrannt zu sein.
Nachdem Herr Kleinschmidt gegangen war, kam P. Joh. Beckmann. Es sollte heute bei uns der Uebertritt des jungen Hans Radder aus Wustrow in die kathol. Kirche stattfinden. Bald nach ihm traf auch Radder ein. P. Beckmann hat erst mit ihm allein längere Zeit gesprochen u. dann fand der Uebertritt u. die bedingte Taufe statt. Gleich anschließend erteilte er ihm auch das Sakrament der Buße. Die ganze Sache dauerte etwa eine Stunde. Nachher schilderte mir P. Beckmann die neue Situation, die durch die Ankunft Tausender Sudetendeutscher entstanden ist. Mit diesen ist auch ein Priester mitgekommen, der nun Damgarten u. die dazu gehörigen Stationen
Hans Brass: TBHB 1946-08-04. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-08-05_001.jpg&oldid=- (Version vom 12.11.2024)