ein ganz wehes Gefühl, daß ich mich schon von diesem Bilde trennen muß, noch ehe ich es selbst recht angesehen habe.
Vormittags war nochmals Herr Rubinstein (?) da in Begleitung der Wandmalerin von gestern, ich glaube Frl. Lange oder Langner mit einem zweiten Namen. Herrn R. gefiel das Bild „Aufbruch“ ausnehmend gut. Ich zeigte ihm auch die Zeichnung zum „Mann im Kerker“, die ihm ebenfalls sehr gefiel. Er war von dieser neuen Richtung meiner Produktion so entzückt, daß er sie über den „Christkönig“ stellte. Er sagte mir, ich solle doch in Berlin-Zehlendorf ausstellen, wo das dortige Kulturamt stets sehr ausgezeichnete Ausstellungen von bester Qualität veranstaltet. Er scheint dorthin gute Beziehungen zu haben u. will die Sache vermitteln. Er will im Oktober noch einmal herkommen. Es scheint so, als hätte er die Möglichkeit, in Zehlendorf eine Ausstellung der Fischland-Künstler zu arrangieren. Er beschrieb mir diese Sache. Es dient dort eine große Villa für diese Zwecke. Unten soll eine sehr große Diele sein, wo meine Bilder hängen sollen. Ein helles Treppenhaus führt nach oben, wo gut Graphik aufgehängt werden kann, hier will er Zeichnungen von Frau Holtz-Sommer hängen. In den obersten Zimmern sollen dann Bilder anderer Fischländer Künstler hängen. Es scheint mir das eine recht gute Sache zu sein. Es will sich so allerhand machen, aber es ist alles ungewiß u. man weiß nie, was daraus wird.
In Rostock wird, wie ich höre, eine Ausstellung der beiden Verstorbenen: Partikel u. Oberländer, vorbereitet, – also trotz der Krankheit des Herrn Dr. Gräpke! Irgendwas scheint da also nicht zu stimmen. –
In Schwerin tut Frau Riemschneider nach wie vor so, als ob sie, bzw. das Museum, die Ausstellung meiner Bilder mache, während doch der Kulturbund die Sache nun machen will. Sie schickt den Wagen u. schreibt von ihrem „Halbrundraum“, von dem sie mir schon früher sprach u. den ich für ungeeignet halte, weil er zu klein ist. Diese Meinung bestägte mir auch sowohl Herr Venzmer, wie auch Ehm Welk. Herr Welk wird ja wohl Ende der Woche nochmals herkommen u. mir Näheres berichten.
Mittags 1 Uhr fuhr das Auto mit meinen Bildern ab jedoch mußte die Kiste mit dem neuen Bilde „Aufbruch“ zurückbleiben, da sie nicht mehr hineinging. Mit in der Kiste ist die „Weihnachtskrippe“. Spangenberg hat aber diese Kiste noch heute nach Althagen zu Litzau gefahren, der sie mit seinem Lastwagen nach Ribnitz zur Bahn bringen wird, von wo sie dann per Eilfracht hoffentlich wohlbehalten nach Schwerin gelangen wird. Fritz hat noch ein gutes Foto vom „Aufbruch“ gemacht.
Abends besuchte uns Frl. v. Monroy, eine Nichte
Hans Brass: TBHB 1946-09-24. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-09-25_001.jpg&oldid=- (Version vom 21.11.2024)