Partikel u. Oberländer gemacht wird, obwohl Herr Dr. Gräbke doch immer noch krank sein soll. –
Ueber den Ausstellungsraum schreibt Frau R., daß der Ausstellungsausschuß ihr die Wahl des Raumes übertragen hätte. Sie schreibt, daß der Ausstellungsraum, von dem Venzmer gesprochen hat u. der nach dessen Aussage, zu ebener Erde liege, in Wirklichkeit im Kellergeschoß gelegen sei u. noch dazu völlig abgelegen. Der Raum sei in keiner Weise für Gemäldeausstellungen zurechtgemacht, die Wände hätten in Blickhöhe farbig wechselnde Streifen. Der große Vlamensaal dagegen, den sie nun in Aussicht genommen habe, sei der eigentliche Empfangs= u. Festsaal des Museums. Sie will ihn für mich ausräumen. So scheint nun also die Raumfrage bestens gelöst zu sein. – Zum Schluß läd sie mich nochmals ein, bei ihr zu wohnen u. zwar mit Martha, die dann ja nach Berlin weiterfahren will. Ich selbst gedenke, am Montag wieder hierher zurück zu fahren.
Nachdem unsere Trude etwa 14 Tage in Rostock in der Klinik gelegen hat, um wegen einer Gehirnhöhlen Vereiterung beobachtet zu werden, ohne daß jedoch etwas unternommen worden ist, ist sie nun wieder aufs Neue erkrankt angeblich mit Nierenbecken-Entzündung. Sie fehlt uns sehr. –
Fritz erzählt mir, Frau Burgartz habe ihm gesagt, daß meine Wahl zum Gemeinderat hinfällig sei. Es sei von Rostock der Bescheid gekommen, daß Gemeinderäte nicht gewählt zu werden brauchten. Ich bin's sehr zufrieden; aber das Ganze ist wieder eine unerhörte Schweinerei. Es ist extra ein Gesetz erlassen worden –, vor der Wahl –, nach dem überall Gemeinderäte zu wählen seien. Nun, nachdem die Wahl ergeben hat, daß es nicht möglich ist, überall SED=Mitglieder zu Gemeinderäten zu wählen, wird dieses Gesetz einfach wieder abgeschafft.
In Althagen liegen die Verhältnisse besonders schlimm. Dort haben die Einwohner um eine Stimme mehr ungültige Stimmen abgegeben als SED-Stimmen. Man hatte schon vorher mit russischer Hilfe versucht, den Bürgermeister Dillwitz abzusetzen, obgleich er mit 95%iger Mehrheit das Vertrauen der Gemeinde hatte. Der KPD= bzw. SED=Mann, der für Dillwitz Bürgermeister werden sollte, hat aber im letzten Moment gekniffen, da er früher als Bauer polnische Arbeiter schlecht behandelt hatte u. überdies früher einmal in Gehlsdorf gewesen war. Er verzichtete deshalb u. ein anderer war nicht da. Man trat also wieder an Dillwitz heran u. sagte ihm, er könne weiter Bürgermeister bleiben, wenn er Mitglied der SED. werden würde. Er lehnte das ab, war aber leider bereit, aus der CDU. auszutreten. Man begnügte sich damit u. er wurde nun einstimmig wieder gewählt. – Am 20. Okt. wird das Volk ja hoffentlich die Antwort geben auf all diese Dinge u. es wird hoffentlich zu einer vernichtenden Niederlage der SED. kommen.
Gestern habe ich die neue Zeichnung des „Mann auf der Flucht“ angefangen. Ich lese z. Zt. ein vorzügliches Buch von Theodor Plivier „Stalingrad“. Der Mann hat eine ungewöhnliche Kenntnis der Dinge u. dieses Buch gibt mir die beste Intention für diese Zeichnung.
Hans Brass: TBHB 1946-10-02. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-10-04_001.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2024)