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Seite:HansBrassTagebuch 1953-06-11 004.jpg

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Schwierigkeiten bedrohlich beweist, so würde Rußland bei einer Viererkonferenz tatsächlich eine sehr starke Stellung haben u. Herr Molotow ist ganz der Mann dazu, diesen Vorteil auszunutzen. Bei dieser Sachlage wäre dann aber denkbar, daß die Russen wiederum in ihrer Politik des Zurückweichens um zwei Schritte den Osten Deutschlands preisgeben, weil sie ihn auf die Dauer doch nicht halten können, um dafür auf anderen Gebieten einen Schritt vorwärts gehen zu können. Aber das läßt sich noch nicht übersehen, es wird sich wohl noch im Ablauf dieses Jahres zeigen. Sicher scheint mir nur, daß die Russen ohne Stalin heute noch weniger einen Krieg wünschen wie mit Stalin, sie können sich einen Krieg nicht leisten. Amerika wünscht zwar auch keinen Krieg, hat aber nicht eine so große Abneigung dagegen wie Rußland u. würde daher im Notfalle wohl angreifen, wenn nicht die Kommunisten in Italien u. Frankreich so mächtig wären. Es ist also Rußlands Interesse, diese westlichen Kommunisten weiter zu stärken, um den Westen am Kriege zu hindern. Eigentlich wäre diese Konstellation sehr gut, denn in ihr wird ein Krieg verhindert, es fragt sich bloß, welcher Preis dafür bezahlt werden muß. Es ließe sich ja schließlich auch eine Regierungsform denken, in welcher die Kommunisten eine sehr starke Position hätten, ohne aber in absoluter Form zu herrschen wie im russischen Bolschewismus. Wenn es sich um eine totale Bolschewisierung Europas handelte, wäre ein Krieg auf Leben u. Tod wohl zu rechtfertigen, er wäre ethisch zu rechtfertigen als Verteidigung letzter u. unveräußerlicher Kulturgüter Europas; aber wenn es sich darum handelt, in einer neuen Regierungsform der großen Masse der Kommunisten Recht u. Stimme u. Macht zu geben, so wäre das ja wirklich Demokratie u. es gäbe keine ethische Rechtfertigung für einen Krieg. Ich glaube, daß die Entwicklung wirklich diesen Weg gehen wird, denn er wäre ganz einfach logisch. Der demokratische Gedanke ist ganz sicher in Westeuropa die stärkste Potenz u. er muß zwangsläufig dahin führen, daß ebenso die Rechts= wie die Linksradikalen im Parlament ihre Ansichten ungehindert aussprechen u. dafür kämpfen dürfen, wenngleich auch zu wünschen ist, daß eine demokratische Mitte die führende Mehrheit besitzt. –

     Elisab. ist in Wuhlgarten bis jetzt sehr zufrieden. Sie hat zu tun, sich in die neue Materie einzuarbeiten. Dr. Wolf ist jetzt in Urlaub u. sie ist Leiterin seiner Station von etwa 70 Betten. Sie ist angeregt u. wieder nett u. freundlich in ihrem Wesen u. ich freue mich

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1953-06-11. , 1953, Seite 004. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1953-06-11_004.jpg&oldid=- (Version vom 30.4.2024)