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Hans Bötticher (Joachim Ringelnatz): Ein jeder lebt’s

geheimnisvoll vertraulichem Verkehr stand. Daja, die daheim allen gegenüber – die alte Kinderfrau Murmel ausgenommen – störrisch und wortkarg blieb, wurde bei Eduard Faserkinn zutraulich und offenherzig und plapperte selbstgenüge ohne Einhalt mit Freund Asin, den sie vorn an seinen müden Bebberlippen liebkoste und hinten an dem abgewetzten traurigen Schwanzstücke quälte. Daja nötigte ihm Riesenbissen von Heu auf, die er unglücklich hinterwürgte, wenn er, in die Ecke gedrängt, nicht entweichen konnte. Daja schleppte einen Eimer voll Wasser herbei, der schwerer wog als sie selbst, und Daja hämmerte stumm, doch dringlich an die blinden Scheiben des tauben Schuhmachers Pinzwürmel.

„Hoho,“ krähte Pinzwürmel und schob das Fenster hoch, „bist du da, Rackerchen? Hast du den Grauen gefüttert, hoho? Brav, Rackerchen! Da hast du was.“ Und lohnte die gute berechnete Tat mit einem Griff blanker Kirschen, die in der weißgesäumten Tasche versackten.

Nach und nach, auf der Weiterreise nistete sich noch anderes in diese Tasche ein. Tannenzapfen, ein Fasanenei, eine Nachtigallfeder, auch kleine Steinchen.

Blätterrauschen und Duft streichelten durch das Erlenwäldchen.

Dort, wo Daja über Moos und Wurzeln vorwärtsholperte, knackten die Büsche, und dann tauchte der rote Batist auf, noch ehe die freien Kaninchen entschlüpfen konnten, noch ehe die wilden

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Hans Bötticher (Joachim Ringelnatz): Ein jeder lebt’s. München: Albert Langen, 1913, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hans_B%C3%B6tticher_Ein_jeder_lebts_141.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)