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gleicher Zeit wie das deutsche Volk geeinigt haben, sind von einer solchen Großmannssucht befallen, daß sie sich einfach von Frankreich – und England zu Vorspanndiensten einfangen ließen. Österreich war zu großem Entgegenkommen gegenüber den italienischen Wünschen bereit, aber infolge geschickter Mache einer bestochenen Sippe und sonderbarer Schwärmer wurde Italien in den Krieg hineingezogen, und schwer büßt seitdem das Volk für seine Schuld.

     Eine andere Großmacht behauptet zwar immer noch neutral zu sein, ist es aber in Wirklichkeit kaum gewesen, das ist Amerika. Wenn dieses Dollarland wirklich den Frieden wünschte, wofür es so oft betet, so müßte es erst einmal aufhören, unseren Gegnern diese Riesenmengen von Waffen und Munition zu liefern. Aber dieses Bombengeschäft läßt sich der Yankee natürlich nicht entgehen und verlängert dadurch das blutige Ringen ins Endlose. Um die Kaufkraft unserer Feinde noch zu erhöhen, strecken ihnen die Milliardäre auch noch Geld vor. Wie sich diese Handlungsweise mit dem Christentum verträgt, wird ewig ein Geheimnis jener Geldmänner bleiben. Wir haben wenigstens ganz andere Begriffe von Neutralität und Christentum.

     Auf dem Balkan dagegen haben unsere Feinde durchaus kein Glück. Nachdem die Türkei offen auf unsere Seite getreten war, war es ein ganzes Jahr hindurch eine brennende Frage: was werden Rumänien, Bulgarien und Griechenland tun? Werden sie auch noch gegen uns den Kampf aufnehmen? Täglich füllten die Berichte hierüber einen großen Raum in der Zeitung, ohne indes irgend welche Klarheit zu bringen. Da aber wurde am 7. September 1915 ein Meisterstück deutscher Diplomatie zum Abschluß gebracht: Bulgarien schloß ein Bündnis mit uns und war bereit, auch gegen Serbien loszuschlagen. Zar Ferdinand hat klar erkannt, daß nur durch einen Anschluß an die Mittelmächte die Interessen seines Landes gewahrt und verfolgt werden können. Nur so hat Bulgarien sichere Hoffnung, wieder die Größe zu erlangen, die es vor Jahrhunderten schon einmal gehabt hat, und wieder bis an die Adria vorzustoßen. Aber auch wir haben das größte Interesse an diesem Bündnisse, denn jetzt ist endlich die lang ersehnte Verbindung zwischen uns und der Türkei hergestellt, und von der Nordsee bis zum Persischen Golf erstreckt sich jetzt ein Gebiet, zusammengehalten durch politische Freundschaft und auch durch wirtschaftliche Interessengemeinschaft. Der Nordwest bringt dem Südost seine entwickeltere Kultur und Technik und bezieht von ihm die wichtigen Vorräte an Rohprodukten für seine Industrie.

     In Griechenland setzt König Konstantin, übrigens ein Schwager unseres Kaisers, seine ganze Person für die Neutralität seines Landes ein. Er hat seinen einflußreichen Ministerpräsidenten Venizelos entlassen, weil er dessen englandfreundliche Politik nicht billigt. Der König protestiert auch kräftig gegen die Landung englischer und französischer Truppen in Saloniki. Durch die Androhung einer Blodade und Beschießung der griechischen Häfen läßt er sich nicht beirren.

     Rumänien scheint gleichfalls neutral bleiben zu wollen, übrigens werden seine Entschließungen für den Verlauf des Weltkrieges keine große Bedeutung mehr haben.

     So erfährt dieser Weltkrieg sogar noch eine Erweiterung, wo chon so viele an ein baldiges Ende denken. Ja, mein deutsches Volk, eine gewaltige Aufgabe ist dir gestellt! Dein Wille zum Siegen darf nicht nachlassen. Du mußt noch Gewaltiges leisten. Wachsen mußt du mit deinem größeren Zwecke. Und ungeheure Opfer werden von dir in Begeisterung und stillem Aushalten gebracht. Millionen von Söhnen, Brüdern und sogar Familienvatern ziehen hinaus ins Feld und ach, längst nicht alle kommen heim. Wohl niemand im weiten Vaterland ist frei von Verlust geblieben, wohl jeder hat schon einen oder mehrere Verwandte oder Freunde verloren. Da heißt es aushalten und mit dem Geschicke nicht hadern! Und Tausende kommen heim, krank, vestümmelt fürs ganze Leben, und diesen gilt es, Freude am Weiterleben zu erwecken und sie, wenn irgend möglich, in einen passenden Beruf zu bringen. Es gilt überhaupt alle Wunden, die der Krieg schlägt, so gut es geht, zu heilen. Wenn Ostpreußen auf weite Strecken hin vom barbarischen Feinde mit Feuer und Schwert heimgesucht ist, so ist es eine Ehrensache des deutschen Volkes, daß diese Ostmark später womöglich herrlicher wieder erstehen muß, als sie vorher war. Ebenso steht es mit den verwüstetem Gebieten im Elsaß. Wir im Innern wissen ja nur durch Hörensagen, was Krieg ist. Und wenn, wie natürlich, die Lebensmittelpreise stark anziehen und gewisse Dinge sehr knapp werden, so müssen wir uns darin fügen in herzlicher Dankbarkeit für unsere Feldgrauen, die ein wirkliches Elend von uns fernhalten. Wenn sich da aber noch Leute finden, die wegen dieser im Verhältnis zu früheren Kiegen doch immer noch zu ertragenden Knappheit, mit der Lage unzufrieden sind, so zeigen sie nur, wie unreif sie eigentlich noch sind, um diese gewaltige Zeit, wo es sich für die europäische Kultur um Sein oder Nichtsein handelt, auch nur einigermaßen zu verstehen. Gottlob sind sie nicht zahlreich und bekommen auch immer gleich eine kräftige Antwort. Bedenken sie denn gar nicht, wie es uns ergangen wäre, wenn der Feind in unser Land eingebrochen wäre? Weg mit dem entseßlichen Kleinmut, wo er auch immer auftritt, in einer Beit, wo Deutschlands wunderbare Kraft und Größe aller Welt und auch uns selbst so herrlich offenbar wird! Deutschland ist auf einem Felsen gegründet. Es hat das beste Heer. Die größte Flotte der Welt wagt keinen Entscheidungskampf mit der deutschen Flotte, und auch wirtschaftlich hat das deutsche Volk die gesündesten Verhältnisse. Das früher so sehr gefürchte Gespenst, die Arbeitslosigkeit, erschreckt uns nicht mehr; alles was der Krieg erfordert, wird beschafft; und all das Geld, das Grunderfordernis für jeden Krieg wird beschafft; 25 Milliarden sind bis jetzt aufgebracht, und es ist immer noch Geld da, das gezeichnet werden kann. Getrost können wir in die Zukunft blicken, sie liegt im einzelnen zwar dunkel vor uns, aber des endgültigen Sieges sind wir gewiß.


Die wirtschaftliche Lage auf dem Oberharz.


     Wie sehr der Krieg in alle wirtschaftlichen Verhältnisse eingreift, davon weiß jedermann zu erzählen, der Geschäftsmann sowohl wie der Beamte, der Bergmann wie auch der Handwerker. Die Beschaffung der Lebensmittel macht im Kreise Zellerfeld noch ganz besondere Schwierigkeiten, weil bei uns bekanntlich die Landwirtschaft so gut wie fehlt. Aber die Behörden tun, umbekümmert um das törichte Gerede Ewigunzufriedener, was in ihren Kräften steht; die körperlich schwer arbeitende Bevölkerung erhält eine gute Zulage zu den Brotmarken; das war aber nur dadurch möglich, daß besonders teures Mehl in den Kreis eingeführt wurde; ein deutlicher Beweis für das soziale Empfinden der Behörden ist es, daß sie trozdem einen einheitlichen Preis für Brot und Mehl festsetzten. Anfang Oktober 1915 konnte der Preis für ein Brot um 10 Pfg. herabgesetzt werden.

     Der Fremdenverkehr hatte selbstverständlich im Kriege nachgelassen, aber während des Sommers ist er eine Zeitlang in einigen Orten, z. B. in Hahnenklee, sehr gut gewesen.