Seite:Harz-Berg-Kalender 1927 028.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Diese Seite wurde noch nicht korrekturgelesen. Allgemeine Hinweise dazu findest du auf dieser Seite.


     Besiedelung des hohen Harzes anzusehen. Anfangs noch in der furchtbaren Hildesheimer Stiftsfehde verwickelt, aus der er im Frieden von Quedlinburg 1523 das herrliche Südhildesheim als Gewinn davontrug, wandte er sich bald mit rastloser Tätigkeit dem Bergbau zu, ließ eine Grube nach der andern aufnehmen und zog damit immer mehr Bergknappen herbei. Auf Empfehlung des Grafen Stephan Schlick, des Gründers der Bergstadt Joachimsthal in Böhmen, berief er den Bergmeister Wolf Sturz von dort zum Berghauptmann und den Jakob Fischer zum Bergmeister, und gab 1524 eine Bergordnung für die Bergwerke „um und bei Gittelde im Grunde“ sowie die erste „Bergfreiheit“ heraus.

     Anfangs betrieb Heinrich den Bergbau auf alleinige Kosten, zog aber bald Mitgenossen oder Gewerken heran, unter denen nicht nur fürstliche, gräfliche und adelige Herren, sondern auch die vornehmsten Städte Braunschweig, Magdeburg, Bremen, Hamburg, Lübeck und Verden vertreten waren. Die Zulassung der fremden Gewerken oder Aktionäre, wie wir heute sagen würden, verfolgte den Zweck, dem jungen Unternehmen neue, belebende Elemente zuzuführen, damit der Bergbau sich möglichst entfalten und ausdehnen konnte. Auf Ansuchen der baulustigen Magdeburger Gewerke gab der Herzog 1532 für seinen Harzanteil eine neue Bergfreiheit heraus, welche die Rechte und Pflichten des Bergherrn und der Gewerken regelte. Nach derselben war es jedem erlaubt, nach Erzen zu suchen, nur mußte er dem Bergherrn den Zehnten abgeben, ihm die gewonnenen Erze zum sog. Vorkaufspreise (etwa ¾ des Marktpreises) überlassen und sich der bestehenden Bergordnung unterwerfen. Dafür gewährte der Landesherr mancherlei Vorrechte und Vergünstigungen, wie freies Holz für Schacht- und Häuserbau, sowie zum Schmelzen der Erze, freien Grund und Boden für diese Bauten, Gelegenheit zu Acker- und Wiesenbau, freie Nutzung der öffentlichen Gewässer zu jedem gewerblichen Zwecke, eine beschränkte Fisch- und Jagdgerechtigkeit, Freiheit von Steuern und Zöllen, Freiheit von Kriegsdiensten außer bei allgemeiner Landesnot, für die ersten Jahre freien Silbervertauf und Erlaß des Zehnten, Freiheit von fremden Gerichtszwange, eigene Zivil- und Berggerichte, für die zu gründenden Bergstädte Markt-, Brau-, Schank- und Backgerechtigkeit und die selbständige Wahl von Richter und Rat.

     Diese Bergfreiheit, die Grundlage der Gerechtsame der Harzbewohner, hatte eine außerordentliche Wirkung. Aus allen Gegenden Deutschlands, welche Silberbergbau trieben, strömten Scharen von Bergleuten herzu, und der Bergbau kam nun zu solcher Blüte, daß schon im Jahr nach Erlaß der Bergfreiheit in Grund 17 Silbergruben, d. h. Gruben mit silberhaltigem Bleiglanz, bestanden haben sollen.[1] Der Herzog gab dem Ort, der schon 1505 eine selbständige Pfarrkirche erhielt, Stadt-, Bau- und Marktgerechtsame. Unter den 7 Bergstädten des Oberharzes ist Grund die älteste.

     Gleichzeitig mit den Grundner Bergbau nahm Heinrich auch an anderen Orten seines braunschweigischen Harzes den Bergbau wieder auf, wodurch die Städte Wildemann und Zellerfeld und später die Stadt Lautenthal ins Leben gerufen wurden. Zellerfeld wird schon in der Bergfreiheit von 1532 namhaft gemacht und wie Grund mit Stadt-, Brau- und Marktgerechtsamen ausgestattet. Wildemann entstand bald darauf, während Lautenthal erst in der Mitte des 16. Jahrhunderts seinen Anfang nahm.

     Die erste Grube für diesen Silberbergbau eröffnete der Herzog 1529 im oberen Innerstetale, wo jetzt die Stadt Wildemann steht. Sie wurde „Wildemann“ genannt, weil man der Sage nach in dieser Gegend einen wilden Mann will angetroffen haben, der gefangen genommen und zum Bergbau gezwungen wurde. Im Augenblicke seines Todes fand man die erste Erzader, und die Bergleute waren deshalb der Meinung, daß der Wilde Mann bis dahin die Gänge taub gemacht habe. Von der Grube erhielt die Stadt den Namen Wildemann. Vor dem Rathause daselbst steht noch eine uralte Linde mit der Inschrift: „Der Sage nach 1039 vom Wilden Mann hier in die Erde gestoßen“. Es ist jedoch nicht wahrscheinlich, daß der Silberbergbau im Oberharze vor dem Anfange des 13. Jahrhundertsg bestanden hat.

     Zur Verarbeitung der gewonnenen Erze ließ Heinrich Pochwerke herstellen, in denen das Erz klein gepocht wurde. Vorher hatte man die Erze zwischen großen Steinen zermalmt. Das erste Pochwerk erfand der Bergprobierer Peter Philipp in Wildemann um das Jahr 1534. Es hatte anfänglich nur ein Wasserrad, das einen Stempel hob und auf das trockene Erz fallen ließ, wodurch dieses zermalmt wurde. Später, etwa um das Jahr 1575, pochte man schon mit mehreren Stempeln in einem nassen Satze; die


  1. Diese Angabe bezieht sich jedoch nicht auf Grund allein, sondern auf das ganze umliegende Gebiet, in welchem 1542 sogar 79 Gruben gezählt wurden. Die meisten davon waren aber nur Versuchsbauten, wie es bei beginnendem Bergbau überall der Fall zu sein pflegt.