Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Schaltjahr 1928 | |
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Über die erste Aufnahme des Oberharzer
Bergbaues fehlen wie beim Rammelsberge sichere
Nachrichten. Bedenkt man, daß die am Rammelsberge
schon vom 10. Jahrhundert an erzielten
Erfolge zu Schürfversuchen in den benachbarten
Harzbergen anregen mußten, so
liegt die Vermutung nahe, daß die nach Goslar
gerufenen fränkischen Bergleute frühzeitig auch
in den Oberharz vorgedrungen sind. Sie werden
dann in den Gängen, die dort vielfach an
den Talhängen zu Tage ausstreichen, verhältnismäßig
leicht fündig geworden sein. Als spätester
Zeitpunkt für die Aufnahme des Bergbaues wird
das Ende des 12. Jahrhunderts anzunehmen
sein, die Zeit, von der auch die Überlieferung
berichtet, daß sich die bei der Zerstörung der
Goslarer Gruben durch Heinrich den Löwen
im Jahre 1180 beschäftigungslos gewordenen
Bergleute sowohl nach dem Erzgebirge als nach
dem Oberharz gewandt hätten. Auch die Gründung
des an der Stelle des heutigen Zellerfelder
Brauhauses gelegenen, dem heiligen
Mathias geweihten Klosters Cella wird mit
dem Regewerden des Bergbaues in Zusammenhang
zu bringen sein. Das Gründungsjahr des
Klosters ist nicht bekannt; urkundlich wird das
Kloster zuerst im Jahre 1208 anläßlich der Bestätigung
des vom Goslarer Domstift gewählten
Abtes Alexander durch den Erzbischof von
Mainz erwähnt. Das Kloster ist im Vorlande
des Harzes reich begütert gewesen, und
seine Äbte haben nach urkundlichen Nachrichten
ein besonderes Ansehen genossen. Es wäre schwer
verständlich, wie ein Kloster von solcher Art in
der rauhen Waldeinöde des Oberharzes hätte
entstehen sollen, wenn es nicht an dem einzigen
Erwerbszweige, für den dort die natürlichen
Bedingungen gegeben waren, dem Bergbau,
von vornherein einen Rückhalt gehabt
hätte. Auf das Vorhandensein von
Grubenbetrieben von einiger Bedeutung im
Oberharz weist auch die Vorschrift in den 1271
erlassenen jura et libertas silvanorum hin, wonach
eines der drei von Goslar aus jährlich zu
hegenden Berggerichte „to sende Mathiesen to
der Czella“, d.i. beim Kloster Cella, abgehalten
werden soll.
Der Bergbau hat sich in seiner ersten Betriebsperiode schon über alle wichtigeren heute bekannten Gangzüge bei Clausthal, Zellerfeld, Wildemann und Grund ausgedehnt. Das wird durch die Spuren erwiesen, die bei seiner späteren Wiederaufnahme in Gestalt von Halden und Pingen vielerwärts aufgefunden worden sind. Er ist dabei aber nur in Tiefen von einigen 20 Metern eingedrungen. Beim Eintreten von Schwierigkeiten, besonders solchen durch Wasser, scheint er immer schnell wieder aufgegeben worden zu sein, ohne daß mit dem Herantreiben tieferer Stollen Versuche gemacht worden wären. Die Konzentration von Erzen nahe unter dem Ausgehenden, die im Oberharz ähnlich wie beim Rammelsberge angenommen werden muß, wird mit Anlaß gegeben haben, daß Erfolge mehr durch Schürfungen an der Oberfläche als durch Niedergehen in die Tiefe gesucht worden sind.
Feste Siedelungen von größerem Umfange scheinen im Oberharz in die er Periode noch nicht entstanden zu sein. Bemerkenswert ist nur die Erwähnung einer bci Clausthal gelegenen, den Herren von Dörreveld gehörenden Burg oder Schanze, nach der der „Burgstädter Gangzug“ bei Clausthal noch heute seinen Namen trägt.
Der Bergbau ist um die Mitte des 14. Jahrhunderts wieder auflässig geworden. Als Ursache seines Erliegens wird neben der Unsicherheit der Zeit der „schwarze Tod“ genannt, der von 1347–1349 ganz Europa verheert und dabei nach glaubwürdigen Nachrichten auch den Oberharz entvölkert hat. Das Kloster Cella ist von den Nöten der Zeit auch in Mitleidenschaft gezogen worden. Es ist in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts allmählich verödet und im Jahre 1431, nachdem es schon länger verlassen war, durch päpstliche Anordnung aufgehoben worden.
Die Wiederaufnahme des Bergbaues hat erst im 16. Jahrhundert und zwar in drei politisch getrennten Gebieten stattgefunden. Diese Gebiete sind
1. der den Wolfenbütteler Herzögen gehörige Harzanteil, der das nordwestliche Gebiet mit den heutigen Bergstädten Zellerfeld, Grund, Wildemann und Lautenthal umfaßt,
2. der zwischen Zellerfeld und dem Bruchberge gelegene Grubenhagener Anteil mit den heutigen Bergstädten Clausthal und Altenau und
3. der Lauterberger Anteil mit der heutigen Bergstadt St. Andreasberg.
Die beiden letzten Anteile wurden nach dem Aussterben der mit der Grafschaft Lauterberg belehnten Grafen von Hohnstein 1593 in der Hand der Grubenhagener Herzöge vereinigt. Als
Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Schaltjahr 1928. Piepersche Buchdruckerei, Clausthal 1927, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Harz-Berg-Kalender_1928_036.png&oldid=- (Version vom 22.9.2019)