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Historische Nachricht.


     Wir bringen nachstehend eine Erzählung aus dem Harzbergkalender vom Jahre 1780, die manchem eine ergötzliche Stunde bereiten wird.

      Die Geschichte liefert uns zwar ganze Verzeichnisse von Menschen, die nicht nur eine unglaubliche Menge von Speise und Trank, sondern auch Glas, Eisen, Steine und andere harte Körper ohne Schaden der Gesundheit haben zu sich nehmen können. Ailein unter so vielen werden immer nur sehr wenige sein, welche dem bekannten Wittenbergischen Vielfresser, Jacob Kahle, seiner Profession ein Gärtner, gleich kommen. Es verlohnt sich wohl der Mühe, das Andenken dieses Mannes zu erneuern, der in seinem Leben nicht sowohl durch seine außerordentliche Leibesstärke und sein vieles Fressen, als vielmehr dadurch, daß er die härtesten Körper, als Glas, Eisen, Steine und allerhand lebendige Tiere mit seinen mehr als eisernen Zähnen zermalmen können, aller Verwunderung nach sich gezogen. Er verdient es daher auch nach seinem Tode, daß er in der Geschichte der Vielfresser eine vorzügliche Stelle erhält, und daß man ihm einige Aufmerksamkeit gönnet. Wir wollen hier unsern Lesern aus dem Leben dieses Mannes einige merkwürdige Umstände aufzeichnen, welche sattsam beweisen werden, daß man nicht zu viel von ihm gesagt habe.

      Es ist ganz was Bekanntes von ihm, daß er auf einmal 8 Schock Pflaumen mit den Kernen, und zu einer anderen Zeit 4 Metzen Kirschen mit Kernen und Stielen, blos aus Vergnügen, und um ein Trinkgeld damit zu verdienen, in seinen Magen geschickt habe. Man hat in gerichtlichen Acten Nachrichten von ihm, daß er ganze Dachziegeln, steinerne Krüge, irdene Schüsseln und Teller zermalmet und einen ganzen Ofen von Kacheln aufzufressen, und er hat auch, da man an der Erfüllung seines Versprechens zweifeln wollte, ein ziemlich großes Stück herausgebissen, zerkaut, das ihm der schwarze Staub aus dem Halse gekommen, und endlich heruntergeschluckt, Glas und Eisen hat er mit seinen Zähnen in den feinsten Staub verwandeln können, und die härtesten Stiefelsteine hat er in solche Stücke voneinandergebissen, daß man die Zähne darin wie im Wachs abgedruckt gesehen. Zu einer anderen Zeit hat er, um sich damit sehen zu lassen, und was zu gewinnen, einen ganzen Dudelsack aufgefressen, und den Kerl desselben, der sich nichts gutes von ihm vermuthen war, und durch das Fenster die Flucht nahm, vermuthlich aus Spaß, als ob er ihn auch fressen wollte, eine Zeitlang verfolgt. Auch hat er öfters Vögel, Mäuse und andere kleine Tiere lebendig niedergeschluckt, daß die Umstehenden glaubten, das Geräusch derselben in seinen Magen zu hören. Einmal hat er eine ganze Menge Raupen, und ein andermal ein Dintefaß von Eisenblech mit der Dinte, Sandbüchse, Federn und Federmesser aufgefressen. Alle diese unglaublichen Dinge hat er allezeit mit dem größten Appetit und Vergnügen zu sich genommen, ohne jemals den – geringsten Schaden seiner Gesundheit, oder nur Beschwerden des Magens davon zu empfinden. Alles was er, soviel bekannt ist, zur Verdauung auf dem Genuß solcher harten Körper genommen, ist ein guter Schluck Brandwein gewesen, welchen er außerdem sehr geliebt und auch öfters einen Trunk über den Durst gethan. Ohnerachtet dieser widernatürlichen und wüsten Lebensart hat der Mann dennoch sein Leben auf 79 Jahre gebracht, bis in sein 60stes Jahr aber ist er nur im Stande gewesen, so viele und so ungewöhnliche Dinge zu sich zu nehmen, da wegen des herannahenden Alters seine Nerven schwächer wurden,