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Freibrief der Barmherzigkeit; wenn ein Mensch mit dem letzten Wunsche dahingeht: Ach, daß doch alles bisher Geleugnete wahr wäre! So spricht Er: Kehre wieder, der du dich verlaufen hast.

 Wenn ein Mensch spricht: Wie viele Tagelöhner sind in meines Vaters Hause, die Brot die Fülle haben, und ich sterbe vor Hunger! (Luc. 15, 17) so ist für diesen Menschen göttliche Barmherzigkeit bereit. Ihr könnt euch die Größe und Weite, die Tiefe und Gewalt der Barmherzigkeit Gottes nicht ganz vorstellen.

O wie weit, o wie breit,
Über Berg und Hügel
Schwingt sie ihre Flügel!

Ach, es werden nicht alle, die zu Mir sagen: Herr, Herr! ins Himmelreich kommen. (Matth. 7, 21.) Aber es werden etliche ins Himmelreich kommen, die zu Mir nie Herr, Herr! gesagt haben, aber in der Todesstunde gleich als Ertrinkende nach dem Saume Meines Kleides gehascht haben, sprechend: Hilf mir, ich verderbe! (Matth. 8, 25.) Aber ein jeglicher Rebe, der nicht Frucht bringet, wird abgehauen und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer und muß brennen, aber nicht verbrennen. Der Rebe, der sich selbst genug ist, der Rebe, der mit sich selbst zufrieden ist und sich selbst behagt, wird abgehauen: Er hindert das Land und den Weinstock und verunehrt ihn. Aber er bleibt nicht allein, nicht für sich, daß er sich selbst verzehre und in sich aufginge, sondern man sammelt sie, eine Gemeinde der Unheiligen. Die Leute, die hier auf Erden in der Gottesleugnung so einig und vereint waren, werden auch dort in der Gottesferne beisammen bleiben. Die Menschen, die sich in diesem Leben selbst Gott waren, die sollen nur auch weiterhin an sich und aneinander Gefallen haben, wenn sie es auch nimmer wollen. Man sammelt sie zu einer Gemeinde der Unheiligen;