Seite:Hermann von Bezzel - Der Beruf der evangelisch-lutherischen Kirche zum Amt der Diakonie.pdf/108

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Wort jenes alten römischen Schriftstellers hieher bezogen werden: „Es ist die Sache des Soldaten, daß er die Großtaten des Feldherrn sich selber zueigne, während er für die Fehler des Heeres den Feldherrn verbindlich macht.“ „So soll es nicht sein unter Euch“, sondern die innere gliedliche Verbindung muß also sein, daß „einer des andern Last trägt.“ Es wird viel gefehlt durch Mangel an innerer Zusammengehörigkeit, und muß erschreckend wirken, wenn allmählich „Konventikel“ sich bilden. Zwar halte ich das für etwas gesundes, wenn im Rahmen der Gesamtheit Kreise mit besondern Anschauungen sich bilden, wenn unbeschadet der gemeinsamen Ziele, unbeschadet der angelobten Treue, einzelne sich näher zusammenschließen, um besonderer Aufgaben willen, wie im großen Ganzen der Kirche. Wenn aber in diesen engeren Kreisen gegen die Gesamtziele gehandelt wird, dann wolle der Herr den leitenden Persönlichkeiten diejenige Rücksichtslosigkeit schenken, die in solchen Fällen das einzig Richtige ist. Man kann ja den einzelnen Persönlichkeiten nicht Sympathieen vorschreiben, aber den Gehorsam kann man vorschreiben, und wenn der innere noch nicht da ist, muß der äußere erzwungen werden. Meisterlosigkeit und Subjektivität sollen nicht geduldet werden. Wer die Bürde des Amts trägt, der habe auch die Würde ganz und voll. Nicht Liebe wird zunächst verlangt, aber Gehorsam. Nicht Sympathieen werden umworben, die mögen kommen oder ausbleiben, aber der Gehorsam wird ernstlich gefordert werden. So lange das nicht der Fall ist, ganz und bloß, so lange steht die einzelne Schwester nicht recht zu ihrem Mutterhause. Das Frondieren hat nie gut getan, und wir leben hier in sehr durchsichtigem Gehäuse. Da, wo so viele Geister auf einen Platz gebannt sind, wo so viel Blicke auf die einzelne Persönlichkeit gerichtet sind, werden allmählich auch Gedanken gelesen, sie sickern durch die Mauern. Darum ist es auch notwendig, daß man alle gute Treue erzeige. Etwas anders ist es, wo man mit Recht glaubt, daß die leitenden Persönlichkeiten irren.