Seite:Hermann von Bezzel - Der Beruf der evangelisch-lutherischen Kirche zum Amt der Diakonie.pdf/117

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gedenke, aber daß es doch dem nachfolgenden Geschlecht leichter gemacht werde. Man soll auf uns keinen Stein von treuer Seite werfen können, als ob wir uns der Arbeit geschämt oder geweigert hätten. Die tägliche Bestellung des Hauses muß die Pflicht jedes Christenmenschen sein, er muß nach gewissem Maße von seiner Entbehrlichkeit tief durchdrungen sein. Die nach Ihm kommen, sollen nicht abhängen von ihm. Je freier der Christenmensch denen gegenüber steht, die auf ihn folgen, desto mehr hat er das Wort seines Herrn erfüllt. So gewiß es ist, daß diesem Hause noch große Aufgaben zuwachsen werden, so gewiß möchten wir wirken, so lange es Tag ist. Und wenn die Nacht kommt, da wir nicht mehr wirken können, so soll man gedenken der Arbeit in Seinem Reiche, der Arbeit allein. Man muß keinen größeren Ruhm an seinem Grabe suchen als den, daß man treu war in seinem ganzen Hause. Der übrige kann gerne preisgegeben werden. Oder wenn das vielleicht ein Ruhm wäre, daß einer keine Feinde gehabt, so wäre das ein törichter Ruhm. Dies Mutterhaus muß Feinde haben, je mehr Feinde, desto besser. Wenn es einmal anfinge, aller Freund zu werden, dann würde es Gottes Freund nicht mehr sein können; „denn dieser Welt Freundschaft ist Gottes Feindschaft.“ Sorgen Sie, daß Sie jeden Augenblick Sich entbehrlich erscheinen. Nicht sind Sie entbehrlich, sonst würde Ihr Herr Sie nicht in die Arbeit gestellt haben, aber Sie sind nie unersetzlich, wollen es nie sein, sondern können neidlos sehen, nicht bloß auf die vor ihnen, sondern auch auf die, welche nach ihnen kommen. Leben Sie in der Geschichte des Hauses, gründen Sie in dieser, aber machen Sie keine Geschichte und seien Sie abhold frommer Mythenbildung!

 Von den Pflichten der Schwestern gegen sich selber und gegen die Mitschwestern.

 Diese Pflichten können kurz zusammengefaßt werden; Sei streng gegen dich selbst und mild gegen andere. Je strenger der Mensch gegen andere ist, desto milder